Noch nie in der jüngeren Geschichte hat sich
eine Partei so gründlich zerlegt wie die FDP. Die liberale Partei
wirkt wie die Titanic kurz vor der Kollision mit dem Eisberg. Denn
der Rücktritt des erfolglosen Generalsekretärs Christian Linder gibt
nur noch schonungsloser den Blick frei auf den glücklosen
Vorsitzenden Philipp Rösler. Nimmt man das Intrigen-Geraune in der
FDP ernst, kommt jetzt nur noch Rainer Brüderle als Retter in Frage.
Bei aller Wertschätzung des Pfälzers, der die Fraktion professionell
führt, lösen Personalrochaden die Krise nicht. Die Probleme der FDP
liegen tiefer. Unter der Führung von Guido Westerwelle hat sich die
Partei inhaltlich entleert und sich zu einer reinen Oppositionspartei
entwickelt, die mit den Mühen der Regierungsebene bis heute fremdelt.
Alle Parteien streben nach der Macht – aber die FDP weiß nicht, was
sie damit anfangen soll. Das ist ihr Kernproblem. Anstatt das
Führungsvakuum in der Nach-Westerwelle-Ära kraftvoll auszufüllen, tun
die angeblich „jungen Wilden“ alles, um die allgemeine Lethargie zu
verfestigen. Rösler und Lindner haben etwa den
Euro-Mitgliederentscheid aus Arroganz, Gleichgültigkeit oder
Lustlosigkeit völlig unterschätzt. Nur an 8 von 200 Veranstaltungen
haben sie selber teilgenommen. So als ginge sie das alles nichts an.
Dabei hätten sie sich als Erste ins Zeug legen und für ihre Linie
kämpfen müssen. Die FDP macht den Eindruck einer saft- und
kraftlosen, tief zerstrittenen Partei. Ein neuer Generalsekretär
allein wird dieses Bild nicht korrigieren können. Ein neuer
Parteichef auch nicht. Die FDP muss klären, warum und weshalb sie
regieren will. Das mag heutzutage nicht mehr so einfach zu
beantworten sein, weil der Marktradikalismus aufgrund von Finanz- und
Eurokrise ins Gerede gekommen ist. Aber ohne Orientierung wird der
Dampfer FDP bestimmt untergehen.
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