Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: FDP warnt vor Großer Koalition In der Schmollecke ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Zwischen Union und SPD hat ein Wettstreit im
Kampf gegen die Altersarmut begonnen. Das ist zu begrüßen, weil die
Ideen so optimiert werden können. Die Solidarrente von SPD-Chef
Sigmar Gabriel ist schon besser als von der Leyens Zuschussrente.
Denn der Zusatz für die Minirenten soll bei der SPD nicht aus
Beiträgen sondern aus Steuermitteln finanziert werden. Doch bevor es
ein parteiübergreifendes Konzept gibt, wird noch viel Wasser die
Spree hinunterfließen. Einstweilen beschwert sich die FDP, weil
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen angeblich die große Koalition
vorbereite. Der Kampf gegen Altersarmut ist im schwarz-gelben
Koalitionsvertrag vereinbart worden. Dass sich die Liberalen trotzdem
lieber in die Schmollecke begeben, zeugt von Hilflosigkeit. Bei
sozialpolitischen Themen herrscht in der FDP Funkstille. Regelmäßig
wird darauf verwiesen, dass die Löhne doch gestiegen seien und die
Wirtschaft wachse. Alles sei in bester Ordnung, lautet das liberale
Credo. Dass sich gleichzeitig der Niedriglohn erheblich ausgedehnt
hat, wird ausgeblendet. Ein Fünftel der Arbeitnehmer arbeitet als
Geringverdiener. Wer für Stundenlöhne von fünf oder sechs Euro
schuftet, legt für die Zukunft nichts auf die hohe Kante. Man kann
das Problem Altersarmut ignorieren, aber Politik besteht darin, die
Wirklichkeit anzuerkennen. Die FDP ist mittlerweile auch die einzige
gesellschaftliche Kraft, die sich gegen den Mindestlohn stemmt.
Gestern hat die Große Koalition in Thüringen eine
Bundesrats-Initiative für einen bundeseinheitlichen Mindestlohn
gestartet. Das Agieren der CDU-Ministerpräsidentin Christine
Lieberknecht mag der FDP auch als Affront erscheinen. Doch solange
sich die Liberalen sozialpolitisch abstinent verhalten, werden sie
den Drang zu großkoalitionärer Verständigung eher noch weiter
befördern als stoppen.

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