Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Fromms Rücktritt Weile statt Eile BERNHARD HÄNEL

Konsequent nennt man den Rücktritt von einem
öffentlichen Amt, wenn objektiv noch nicht das Ausmaß der Schuld
einer Person erwiesen ist, aber subjektiv viel zumindest für eine
Mitschuld spricht. Entsprechend groß ist die Erleichterung über den
beinahe nahtlosen Übergang des fast 64-jährigen Heinz Fromm in den
Ruhestand. Über Fromms persönliche Verantwortung ist noch nicht
entschieden. Sie zu klären ist Aufgabe des parlamentarischen
Untersuchungsausschusses. Er muss herausfinden, warum brisante
Geheimdienstdokumente dem Reißwolf übergeben wurden; ausgerechnet zu
dem Zeitpunkt, da ein Blick in die Akten erhellend hätte wirken
können über die Arbeit und mögliche Verstrickung des Geheimdienstes
in das mörderische Treiben der Zwickauer Zelle und möglicher
Unterstützer. Der Vorwurf der Vertuschung steht im Raum, denn hinter
der Aktenvernichtung könnte mehr stecken als bislang bekannt. Allein
dieser Verdacht spricht dafür, bei der Ernennung des
Fromm-Nachfolgers nicht übereilt vorzugehen. Doch in Berlin wird
bereits Alexander Eisvogel, der bisherige Vizepräsident des Amtes,
für den Chefposten gehandelt. Ausgerechnet der 46-jährige Beamte, der
für die Aufklärung rund um die Neonazi-Morde verantwortlich ist? Da
ist Weile statt Eile geboten.

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