Über die Gründe für den Wechsel an der Spitze
des Bertelsmann-Konzerns lässt sich bislang nur spekulieren. Die
wahrscheinlichste Variante ist aber die, dass Hartmut Ostrowski die
Reißleine gezogen hat. Dass er gehen will, bevor ihn die Aufgaben
gänzlich niederdrücken. Eine solche Entscheidung verdient Respekt.
Denn sie ist mutig. Sie ist das Gegenteil von Wegducken vor der
Verantwortung – ganz egal, was andere in diesen Schritt
hineininterpretieren mögen. Ostrowski kann erhobenen Hauptes gehen.
Er hat den Bertelsmann-Konzern durch eine seiner schwersten Krisen
geführt, das Unternehmen steht nach der Krise weitaus besser da als
so mancher Mitbewerber. Dabei dürfte Ostrowski zugute gekommen sein,
dass er eben kein schillernder Vorstandsvorsitzender ist. Sondern
einer, der zu seinen Wurzeln steht und den Vorwurf des ostwestfälisch
Provinziellen an sich abperlen lässt. Einer, der seinen Plan
abarbeitet, ohne dabei Pirouetten in der Öffentlichkeit zu drehen.
Das Haus, das der Noch-Finanzvorstand Thomas Rabe Anfang 2012
übernimmt, ist gut bestellt. Die Direct Group ist kräftig
zurechtgestutzt. Sie war einst die Bertelsmann-Keimzelle, hatte dem
Haus zuletzt aber – zumindest was die Zahlen angeht – nur noch wenig
Freude gemacht. Die hohen Schulden des Unternehmens, resultierend aus
dem Aktienrückkauf, sind endlich abgebaut. All dies haben Rabe und
Ostrowski gemeinsam vorangetrieben. Die Luft zum Atmen, den Freiraum
für Kreative, nutzt nun aber nur noch Thomas Rabe. Eigentlich eine
wunderbare Ausgangssituation für ihn. Und doch keine leichte Aufgabe.
Denn Bertelsmann braucht dringend neue Wachstumsfelder. Rabe muss den
Konzern weiterentwickeln, wenn Bertelsmann erfolgreich bleiben will.
Dafür gibt es aber offenbar noch kein Rezept. Gut möglich, dass es
Rabe dennoch gelingt. An Ehrgeiz wird es ihm kaum mangeln.
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