Vielleicht hat die Weltöffentlichkeit soviel
Interesse am israelisch-palästinensischen Gefangenenaustausch, weil
es endlich einmal gute Nachrichten aus dem Nahen Osten gibt. Anders
als so oft zuvor werden keine Leichen ausgetauscht. Gilad Schalit
lebt. Trotz aller Schrecknisse und Qualen, die die mehr als
fünfjährige Geiselhaft bedeutet haben muss. Diesmal ist es anders als
es der israelische Autor David Großmann erlebt hat, dessen Sohn im
Libanon fiel und der in dem grandiosen Roman „Eine Frau flieht vor
einer Nachricht“ die Angst um im Krieg befindliche Angehörige
beschreibt. Die Angst der Israelis und der Palästinenser übrigens.
Und gut 1.000 Palästinenser kommen frei, von denen viele – nicht alle
– auch als politische Gefangene bezeichnet werden können. Positiv an
diesem Ereignis ist auch, dass Ägypten sich wieder konstruktiv in den
Prozess eingeschaltet hat. Nach dem Sturz Mubaraks im Frühjahr waren
Zweifel an Ägyptens Ausgleichsfähigkeit und -willigkeit aufgekommen.
Dass jetzt eine Propaganda-Schlacht um den Erfolg des Austausches
zwischen der israelischen Regierung und der Hamas ausbricht, ist
immer noch besser als eine echte Schlacht. Immerhin musste das
Schicksal Schalits schon als Begründung für den jüngsten Gaza-Krieg
herhalten. Die Schlacht um Worte zeigt aber auch, dass der Austausch
vorerst eine Einzelaktion bleiben wird, die keinen grundsätzlichen
Neuanfang bedeutet. Zu tief ist das Misstrauen auf beiden Seiten und
zu groß das Interesse gewisser Kreise am Fortbestand des
Kriegszustandes. Mit Glück ist es eine Atempause. Das Zurückholen
gefangener Soldaten hat in Israel fast Verfassungsrang ist
Glaubenspflicht. Deshalb kann auch Premierminister Netanyahu die
Freilassung des jungen Soldaten Schalit als Pluspunkt für sich
verbuchen in einer Zeit sozialer Proteste.
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