Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar:Hartz-IV-Verhandlungen stecken fest Schaulaufen ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Das Ringen um einen Hartz-IV-Kompromiss zieht
sich hin. Noch ist die Phase der ernsthaften Verhandlungen nicht
erreicht. Die Parteien befinden sich weiter im Stadium des
Schaulaufens. Es geht darum, dem anderen eins auszuwischen und selber
Punkte zu sammeln. Das wirkt von außen betrachtet reichlich kindisch.
Die Liberalen versuchen beispielsweise den Mindestlohn für die
Zeitarbeit durch groteske Forderungen zu torpedieren. Gleicher Lohn
für gleiche Arbeit soll es nach zwölf Monaten geben. Hört sich prima
an. Ist aber absurd, weil kaum ein Zeitarbeiter jemals zwölf Monate
in einem Betrieb verweilt. Hier muss vor allem die Union der FDP noch
gut zureden. Ganz einfach wird das nicht, weil die Liberalen gerade
erst ihren Eigensinn in der Koalition wieder entdeckt haben. Die SPD
sollte sich dazu durchringen beim Regelsatz keine Illusionen zu
schüren. Schwarz-Gelb will fünf Euro mehr. Das mag sich knauserig
anhören. Aber der Nachweis, dass diese Erhöhung nicht verfassungsfest
ist, konnte bisher nicht erbracht werden. Wichtiger als der Regelsatz
ist das Bildungspaket für die Kinder. Hier dürfte die SPD den
Einstieg in die Schulsozialarbeit durchsetzen. Das ist vernünftig.
Jedenfalls für Brennpunktschulen, wo die Lehrer häufig heillos
überfordert sind. Auch für Arbeitsministerin Ursula von der Leyen
(CDU) gibt es eine Kröte zu schlucken. Ihre Idee, dass die
Bundesagentur für Arbeit die Gaben an die bedürftigen Kinder
verteilen soll, überzeugt offenbar sogar im eigenen Lager kaum
jemanden. Unbürokratischer wäre es, die Kommunen mit der Aufgabe zu
betreuen und so Doppelstrukturen zu vermeiden. Jede Partei muss also
noch ihre Lektion lernen. Wenn Union, FDP und SPD das nicht schaffen,
werden die Leute wieder sagen, dass die Politik einfach nichts
hinkriegt. Und sich verärgert von ihr abwenden.

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