Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Internationale Buchmesse in Frankfurt Wider das Monopol Stefan Brams

Die internationale Buchbranche ist ab morgen zum
66. Mal zu Gast in Frankfurt. Und natürlich werden wieder jede Menge
spannende Bücher und Autoren zu entdecken sein. Aber es wird auch
wieder um das seit Jahren die Messe beherrschende Thema, die
Zusammenführung von gedruckten und elektronischen Büchern, gehen. Vor
allem jedoch dürfte sich erneut Amazon wie ein Schatten über die
Bücherschau legen, scheint sich doch Jeff Bazos weiterhin in der
Position des Jägers zu gefallen. Formuliert hat es der Chef des
Internetversandhändlers einmal so: „Verlage müssen gejagt werden wie
Gazellen.“ Genau das tut er seit Jahren. Zuletzt, in dem er Verlage
unter Druck gesetzt hat, Amazon vom Verkauf eines E-Books statt der
üblichen 30 rund 50 Prozent zu überlassen. Um Druck aufzubauen, wurde
die Auslieferung gedruckter Bücher betreffender Verlage wie zum
Beispiel Bonnier behindert. Wie der Machtkampf ausgeht, ist noch
offen. Und passend zur 66. Buchmesse in Frankfurt bläst der Jäger
bereits zur nächsten Jagd. Denn unter dem Titel „Kindle Unlimited“
will Bazos nun nach den USA auch in Deutschland eine Flatrate für
elektronische Bücher einführen. Gegen einen festen monatlichen Betrag
– in den USA sind es umgerechnet 7,80 Euro im Monat – können sich
Kunden beliebig viele E-Books auf ihre Lesegeräte laden. Doch damit
nicht genug. Der Internetversandhändler ist längst selbst zu einem
veritablen Verlagshaus geworden. Und damit Konkurrent derer, deren
Produkte er ausliefert. Drei Aktivitäten, die belegen, dass Amazon
ein Ziel verfolgt: Monopolist zu werden, um den Buchmarkt nach
Belieben zu beherrschen. Drei Vorgänge, die zeigen, vor welch großen
Herausforderungen die Buchbranche weltweit steht. Denn ja, es ist
bequem, sein Buch über Amazon zu bestellen oder herunterzuladen, und
digitale Bücher sind sicherlich eher Segen als Fluch für uns Leser.
Sie sind bequem zu lesen und mitzunehmen in großer Zahl. Für Verleger
bieten sie ein neues Geschäftsfeld, das mehr als 80 Prozent der
deutschen Verlage längst für sich entdeckt haben. Und auch Autoren
haben erkannt, dass sie damit jenseits der klassischen Verlage Bücher
vertreiben und im besten Falle auch Geld verdienen können. Und als
Leser kann man auch nur wenig dagegen haben, wenn Amazon ankündigt,
E-Books billiger machen zu wollen. Doch diese schöne neue Welt für
Leser, Autoren und Verlage gibt es nur, solange auch echter
Wettbewerb auf diesem Gebiet herrscht. Den gegen Amazon
aufrechtzuerhalten, muss das Ziel sein. Dave Eggers hat in seinem
neuen, packenden Roman „The Circle“ aufgezeigt, wohin die von
Internetriesen beherrschte Welt führen kann. Eben das spiegelt auch
die Auseinandersetzung um Amazon wider: Es geht längst nicht mehr
allein um das Kulturgut Buch, sondern darum, wie viel Einfluss wir
den weltumspannenden Internetfirmen denn noch einräumen wollen, um
unser Leben zu beeinflussen und am Ende zu beherrschen. Der
Amerikaner Jaron Lanier, der am Ende der Buchmesse in der Frankfurter
Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
ausgezeichnet wird, hat es so formuliert: „Du bist nicht der Kunde
der Internetunternehmen, du bist deren Produkt.“ Da ist etwas Wahres
dran. In Frankfurt dürfte es auch in dieser Hinsicht spannend werden.

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