Italien war mehrfach ein politisches
Laboratorium. Benito Mussolini machte den Faschismus zur
Staatsdoktrin und wurde von Adolf Hitler kopiert. Silvio Berlusconi
führte in Europa den Populismus ein, der von US-Präsident Donald
Trump weitergeführt wird. Es ist wahrscheinlich, dass von Italien aus
ein weiterer bahnbrechender politischer Laborversuch seinen Anfang
nimmt. Bei den Parlamentswahlen erreichte die populistische und
systemkritische Fünf-Sterne-Bewegung, die eine Einzigartigkeit auf
der Weltbühne darstellt, 32 Prozent und wurde Wahlsieger. Die
herkömmlichen Parteien wurden abgestraft. Gewünscht ist offenbar eine
neue, umstürzende und auf dem Papier basisdemokratisch geführte
Kraft, deren vage politische Konturen sich schärfen müssen. Wer diese
Fünf Sterne sind, wird sich zeigen, wenn es um die Regierungsbildung
geht. Allein kommen die Schützlinge des Komikers Beppe Grillo nicht
auf eine Mehrheit. Die Wahl hat ein klares Misstrauensvotum gegenüber
der EU dekretiert. Die „Grillini“ wollen die europäischen Spielregeln
verändern, das hat auch der zweite Wahlsieger, die
rechtspopulistische Lega, angekündigt, die früher den Zusatz „Nord“
trug und ihre Stammwähler in Norditalien hat. Sie erreichte 18
Prozent der Stimmen. Damit übernimmt die Partei von Matteo Salvini
die Führung im rechten Spektrum. Nimmt man die Stimmen beider
Protestparteien zusammen, verlangen 50 Prozent der Italiener eine
Kurskorrektur in Brüssel. Für Italien steht die Frage an, ob die
Bildung einer von den Fünf Sternen und Spitzenkandidat Luigi Di Maio
geführten Regierung gelingt. Es wäre einen Versuch wert. Es gibt
keine Alternative. Das Mitte-Rechts-Lager hat keine Mehrheit,
Mitte-Links erst recht nicht. Die Verantwortungslosigkeit vieler
Politiker hat das Unbehagen gegen die politische Klasse vergrößert.
Das Wahlergebnis ist die Folge dieser Enttäuschung. Es wäre
wünschenswert, dass der oft blinde Protest sich in Verantwortung
umwandelt. Die Grillini sind keine „gefährliche Sekte“, als die sie
Berlusconi bezeichnete. Man kann sie als Mischung aus Piratenpartei
und Grünen charakterisieren, der ursprünglich Umweltschutz und
Digitalisierung am Herzen lagen. Diese Phase ist überholt. Sie steht
für eine Form der politischen Willensbildung mit basisdemokratischen
Ansätzen und Unzulänglichkeiten. Ihre Anliegen reichen vom Sozialen
über Transparenz bis zur Eindämmung der Immigration.
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