Angela Merkel fühlt sich missverstanden. „Ich
bin auch Europa!“, sagt die Kanzlerin. Soll heißen: Die EU besteht
nicht aus zwei guten Institutionen und einer bösen. Das Bild sei
falsch, wonach die Brüsseler Kommission und das Straßburger Parlament
unermüdlich für das große Werk Europa tätig sind, nur leider ständig
von den Regierungen behindert werden. Der Ministerrat als Vertretung
der Mitgliedstaaten und der Europäische Rat als Versammlung der
Staats- und Regierungschefs seien gleichberechtigte Teile der
Veranstaltung Europa. Stimmt. Auch die „Gemeinschaftsmethode“
verdient in den Augen der Kanzlerin nicht den Heiligenschein, den ihr
Brüsseler Traditionalisten gern zuerkennen. Da, wo die EU gar keine
eigenen Zuständigkeiten habe, sei das Zusammenwirken der Staaten im
Rahmen einer „Unionsmethode“ vonnöten. Das ist auch nicht verkehrt.
Es sind pfiffige und teils stichhaltige Einwände, die Merkel in
Brügge vorgetragen hat. Sie ändern nichts am Kardinalproblem: Es
waren und sind die EU-Regierungen, die zuhause auf breiter Front den
Eindruck vermittelt haben, Europa sei in erster Linie eine Zumutung,
wenn nicht gar ein politischer Verteidigungsfall. In Brügge hören
alle gern, dass Angela Merkel „auch Europa“ ist. In Deutschland
nicht.
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