Kein anderer Bundesminister erregt die Gemüter
so sehr wie Karl-Theodor zu Guttenberg. Die Bevölkerung mag den
medien-versierten Charismatiker. Für die Opposition ist der CSU-Mann
ein rotes Tuch. Der Versuch, ihn wegen der Kunduz-Affäre straucheln
zu sehen, ist bisher nach hinten losgegangen. Der von Grünen und
Linken geäußerte Gedanke, dass ein weiterer Untersuchungsausschuss zu
den aktuellen Ereignissen schlagkräftiger wäre, ist nicht
stichhaltig. Im übrigen hatte bisher jeder Verteidigungsminister mit
krassem Führungsversagen in der Bundeswehr zu kämpfen. Das ist keine
Guttenbergsche Spezialität. Zudem hat das Parlament und hier vor
allem der Verteidigungsausschuss schon sehr gute Arbeit geleistet.
Auch ein Karl-Theodor zu Guttenberg macht grobe Fehler – diese
notwendige Entzauberung ist bereits erfolgt. Das eine Kadettin auf
einem Schulschiff zu Tode kommt und der Verteidigungsminister zwei
Monate lang davon nichts erfährt, ist unfassbar. Dass ein Minister
wichtige Entscheidungen zunächst einem Boulevardblatt mitteilt und
nicht das Parlament informiert, zeugt von einer erschreckenden
Geringschätzung gegenüber den gewählten Volksvertretern. Ein Minister
sollte auch souveräner mit Kritik umgehen können. Es handelt sich
dabei nicht um Majestätsbeleidigung. Da bei Guttenberg wegen seiner
großen Beliebtheit jedes Verhalten immer auf seine Kanzlereignung hin
abgeklopft wird, sei gesagt: Zur Kanzlerreife fehlt ihm noch
etliches. Zweifellos bleibt aber richtig, dass er beträchtlich viel
Talent besitzt. So hat er Mut bewiesen – als er vom „Krieg“ in
Afghanistan sprach und die Aussetzung der Wehrpflicht durchgesetzt
hat. Wenn er jetzt noch lernt, sich um die Details in seinem
Ministerium zu kümmern, Kritik ernst und sich selbst etwas weniger
wichtig zu nehmen, darf man weiter auf ihn gespannt bleiben.
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