Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Krise in der Autoindustrie Auf der Felge STEFAN SCHELP

Für VW ist es der beste September seit 40
Jahren. Porsche steigert seine Verkäufe gegenüber dem
Vorjahresquartal um ein Viertel, Mercedes-Benz wird sieben Prozent
mehr seiner Karossen los. Traumhafte Zahlen sind das. Leider sind es
Zahlen für den amerikanischen Markt. Und keineswegs für die
Heimatmärkte der deutschen Hersteller. Denn hier, in den
westeuropäischen Absatzniederungen, sieht es düster aus.
Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer prophezeit für 2013 in Westeuropa
das schlechteste Autojahr seit 1993. Opel, Peugeot und Citroën, die
auf europäische, zumal südeuropäische, Märkte beschränkt sind, trifft
die Schuldenkrise besonders hart. Aber selbst die
Oberklasse-Hersteller legen inzwischen die Stirn in Sorgenfalten. Mit
allen Mitteln stemmen sich die deutschen Produzenten gegen das
Krisenvirus. Der Golf 7 zum Beispiel soll angeblich gleich vom
Marktstart an mit 25-prozentigem Rabatt angeboten werden, auch andere
Hersteller werfen den Kunden ihre Fahrzeuge quasi hinterher. Die
Autoindustrie fährt auf der Felge. Und in dieser Situation versammelt
die Bundeskanzlerin die Großen der Autoindustrie um sich, um das
E-Auto in Fahrt zu bringen. Wen elektrisiert das? Die Autoindustrie
selbst vermutlich am wenigsten. Sie hat genug damit zu tun, mit
konventionellem Antrieb die Spur zu halten. Benziner und Diesel sind
das Brot-und-Butter-Geschäft. Warum auch sollten sich die
Autohersteller ins Elektro-Geschäft hängen? Nur 2.272 Elektroautos
sind in diesem Jahr neu zugelassen worden, das Kundeninteresse ist
minimal. Dass sich daran kurzfristig etwas ändert, glaubt niemand. Da
müsste der Kunde schon immens umweltbewusst sein, dass er einen
Preisaufschlag von 50 bis 100 Prozent gegenüber einem vergleichbaren
konventionellen Auto hinnimmt. Auch eine staatliche Kaufprämie würde
nichts ändern. Dass die deutsche Autoindustrie eine solche Prämie
jedenfalls im Moment ebenfalls nicht will, kann nicht verwundern. Die
wenigen Elektroautos, die durch die Städte rollen, sind ja zumeist
Fabrikate der ausländischen Konkurrenz. Deutsche Hersteller fahren
bei Elektroautos hinterher. Eine Kaufprämie würde nur den Vorsprung
der Konkurrenz vergrößern. Das Ziel, das die Bundeskanzlerin diese
Woche nochmals bekräftigt hat, ist utopisch. Eine Million
Elektroautos, die bis 2020 auf deutschen Straßen unterwegs sind? Nie
und nimmer. Nicht einmal die optimistischsten Experten gehen von mehr
als 600.000 Fahrzeugen aus. Selbst wenn die Hersteller plötzlich auf
Teufel komm raus produzieren würden, die Nachfrage würde nicht im
gleichen Tempo mitwachsen. Wo also liegen die Alternativen? Zum
Beispiel im Anspruch, den CO2-Ausstoß der Autos weiter zu reduzieren.
Ganz egal, ob mit effizienteren Benzinmotoren, mit reinen
Elektroautos oder einer Kombination aus beiden. Die Bundesregierung
hat der Autoindustrie bereits eine Milliarde an Fördermitteln für die
Entwicklung von E-Antrieben zugesagt. Das muss reichen.

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