Es ist eine Inszenierung, wie sie das Land noch
nicht erlebt hat. Seit Monaten wird darüber spekuliert, ob Renate
Künast Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden möchte. Sie
selbst hat das Gerücht nie dementiert, aber so lange gewartet, bis
die Erfolgsaussichten ausgesprochen grün wurden. Während andere
Kandidaten längst in der Gerüchteküche verbrannt wären, ist Künasts
Verzögerungstaktik ein voller Erfolg. Selten hat eine Partei eine
komfortablere Ausgangsbasis für eine Wahl gehabt, wenn es um Umfragen
und Sympathiewerte geht. Doch was die Spitzenkandidatin in der
Hauptstadt anders und vor allem besser als der Dauer-Regierungschef
Klaus Wowereit machen will, ist im grauen Berliner Novemberhimmel nur
ansatzweise zu entdecken. Die Grünen in Berlin sind jedenfalls alles
andere als personell und inhaltlich vorbereitet, um als stärkste
politische Kraft Verantwortung zu übernehmen. Zu überraschend ist das
Umfragehoch über die kleine Öko- und Bürgerrechtspartei gekommen, die
in der Gunst der Berliner plötzlich wie eine ausgewachsene
Volkspartei dasteht. Erste Auswirkungen der Kandidatur Künasts sind
jedoch absehbar. Es wird gewiss keinen Wahlkampf geben, der wie ein
Schlafwagen unbemerkt durch die nächtliche Stadt rollt. Erstmals nach
einem Jahrzehnt Amtszeit erhält der Sozialdemokrat Wowereit wieder
eine Gegnerin auf Augenhöhe. Die Landespolitik hat eine
Frischzellenkur dringend nötig.
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