Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Lobbyisten-Skandal im Gesundheitsministerium Schranken setzen ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Dass im Gesundheitswesen, wo es um die
Verteilung von Milliarden Euro geht, Lobbyisten mit ganz harten
Bandagen kämpfen, ist hinlänglich bekannt. Doch dass nun ein
Interessenvertreter der Apothekerschaft gemeinsam mit einem
IT-Spezialisten heimlich die Computer im Gesundheitsministerium
ausgespäht haben soll, ist eine neue Qualität. Offenbar schreckt der
Lobbyismus in seiner aggressivsten Form nicht vor kriminellen
Handlungen zurück. Dass hier das FDP-geführte Ministerium derart
dreist ausgespäht wurde, unterstreicht die Härte des Kampfes um Geld
und Einfluss – schließlich sind gerade die Liberalen bisher nicht als
sonderlich apothekerfeindlich aufgefallen. Dass die Apothekerverbände
nun alle Schuld von sich weisen, dient nicht der Aufklärung.
Offensichtlich haben sie die Informationen genutzt, weil sonst der
Maulwurfverdacht nicht aufgekommen wäre. Und dass diese kriminelle
Energie damit zu tun hat, dass irgendjemand für solche Informationen
bezahlt hat, dürfte außer Frage stehen. Dass Interessengruppen
versuchen, ihre Anliegen bei der Politik vorzutragen, ist nicht
falsch – solange sie sich dabei an Recht und Gesetz halten. Da aber
das Lobbywesen immer wieder dazu neigt, Grenzen zu überschreiten, und
es etwa auch schon Ärger gab wegen externer Personen, die in
Ministerien an Gesetzen mitgewirkt haben, sollte in diesem
unübersichtlichen Graubereich mehr Transparenz einziehen. Ein großer
Schritt wäre ein verpflichtendes Lobbyistenregister, wie es zum
Beispiel in den USA existiert. Organisierte Interessengruppen müssten
dann ihre Auftraggeber, ihre Kunden, Finanzquellen, Budgets und
inhaltliche Schwerpunkte offenlegen. Berufslobbyisten arbeiten gerne
verdeckt – dieser Heimlichtuerei grundsätzlich Schranken zu setzen
wäre segensreich für unsere Demokratie.

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