Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Murdoch-Skandal trifft britischen Premier Rücktritt unwahrscheinlich JOCHEN WITTMANN, LONDON

Aufgeregte Seelen wollen im britischen
Abhörskandal schon ein neues Watergate erkennen. So schlimm ist es
jedoch nicht. Die Affäre ist für Premierminister Cameron peinlich,
aber sie wird ihn kaum seinen Job kosten. Was könnte man ihm auch
vorwerfen? Naivität vielleicht, weil er sich auf die
Unschuldsbeteuerungen von Andy Coulson verließ, als er ihn als
Berater einstellte. Jetzt sieht sich der ehemalige Chefredakteur der
News of the World tief in den Abhörskandal verstrickt. Zu große Nähe
zu den Mächtigen im Murdoch-Konzern darf man Premierminister Cameron
sicher unterstellen. Aber das Gleiche trifft für Politiker aller
Parteien zu. Auch Oppositionsführer und Labour-Chef Ed Miliband war
Gast bei der Sommerparty Murdochs vor vier Wochen. Miliband konnte
aber noch nie besser gegen Cameron punkten als zurzeit. Er machte
sich zum Sprachrohr der aufgebrachten Öffentlichkeit, er forderte
eine unabhängige richterliche Untersuchung und bekam sie. Er rief
danach, die BSkyB-Übernahme durch Rupert Murdoch zu verhindern, und
der Tycoon knickte ein. Aber zum Rücktritt zwingen kann Miliband
Cameron nicht.

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