Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Neue Minister fürs Kabinett Merkel wählt klug THOMAS SEIM

Die Bundesregierung ist wieder komplett. Gut 24
Stunden nach dem Rücktritt von Bundesverteidigungsminister
Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg gibt es einen neuen
Verteidigungs- und einen neuen Innenminister. Bundeskanzlerin Angela
Merkel hat gut daran getan, die Debatte über die Nachfolge nicht
durch die Woche wabern zu lassen. Sie hat – in intensiven Gesprächen
mit dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer – mit der Ernennung Thomas de
Maizières und Hans-Peter Friedrichs gute Lösungen gefunden. Sie hat
Handlungsfähigkeit demonstriert. Und sie hat die Voraussetzung dafür
geschaffen, dass die unsägliche Guttenberg-Debatte ihre Politik nicht
weiter belastet. Gemessen an den Möglichkeiten, die Merkel zur
Verfügung standen, hat sie das Optimum gewählt. Hans-Peter Friedrichs
hat sich als veritabler CSU-Landesgruppenchef Lorbeer erarbeitet, die
ihm darüber hinweg helfen werden, dass er als Innensminister nur
dritte Wahl ist, nachdem die bayerischen Minister für Finanzen und
Inneres, Fahrenschon und Herrmann, abgesagt hatten. Thomas de
Maizière ist ein exzellenter Innenminister gewesen, der sein Amt
unaufgeregt, aber mit klugem Gespür für die wichtigen Themen führte.
Er ist – jedenfalls bislang – nicht der Versuchung erlegen, seine
Sicherheitsthemen mit Angst-Szenarien zu befeuern. Das sind nicht die
schlechtetsten Voraussetzungen für das schwierige
Verteidigungsministerium. Schon als Kanzlamtsminister der Großen
Koalition war der Generalssohn de Maizière als kluger, ehrlicher
Makler zwischen den widerstreitenden politischen Interessen
aufgefallen. Seine Ruhe und Präzision könnten sich als wertvolle
Qualitäten an der Spitze der Bundeswehr erweisen. Afghanistan, Gorch
Fock, Bundeswehr-Reform – jedes Thema für sich ist geeignet, einen
Minister vollständig zu fordern. Sicher wäre auch der Präsident der
Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, der die Vorarbeiten für
eine Bundeswehrreform geleistet hat, ein veritabler und geeigneter
Kandidat gewesen. Die Entscheidung für de Maizière aber spricht für
ein gesundes Staatsverständnis der Kanzlerin. In einem Prozess, in
dem aus einem wehrpflichtigen Bürgerheer eine freiwillige Staatsarmee
werden soll, ist es beruhigend einen unaufgeregten und
führungsstarken Zivilisten an der Spitze zu wissen. Dass Merkel die
Personalie Guttenberg so schnell abwickelt, spricht für die
Entschiedenheit und Kraft, die die Kanzlerin mobilisieren kann, wenn
es eng für sie und ihre Mannschaft wird. Wie eng es noch werden kann,
werden indes erst die nächsten Wochen zeigen. Die Reaktionen auf
Guttenbergs Auscheiden zeigen, wie tief die Verunsicherung ins
Stammklientel der Union reicht. Dass einer ihrer geschätztesten
Minister wegen solcher Unehren den Dienst quittieren muss, haben
viele Anhänger, die Merkel im Auge haben muss, innerlich noch nicht
akzeptiert. Sie wird die Kanzlerin noch überzeugen müssen, wenn sie
die Wahlen im März – vor allem in Baden-Württemberg – erfolgreich
bestehen will.

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