Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Päpstliche Rede vor dem Europaparlament Sonntagsrede in jedem Sinne KNUT PRIES, BRÜSSEL

Es war angemessen, dass die europäische
Bürgerkammer sich angehört hat, was Papst Franziskus zu sagen hatte.
Zwar gibt es im EU-Parlament nur eine Fraktion, die sich mehrheitlich
direkt auf das Christentum beruft, und die Anhänger der strengen
katholischen Lehre sind eine Minderheit; zwar sitzen im Plenum
Angehörige anderer Religionen, Freidenker und der ein oder andere
Atheist, aber Verkünder der „Wertegemeinschaft“ Europa sind sie alle.
Und von Werten versteht der Heilige Vater etwas. Es war in diesem
Sinne gut und wohl, was er den Volksvertretern und damit uns allen zu
bedenken gab: dass dies Haus Europa viele inhumane Züge hat – beim
Umgang mit Armen, Alten, Flüchtlingen, Arbeitslosen und der Umwelt;
dass es einem krassen Konsumismus frönt; dass Egoismus Gemeinsinn
verdrängt; dass die Jagd nach Wohlstand „ein großes ideelles Vakuum“
hinterlässt. Dies alles ist nicht neu, aber richtig. Was Franziskus
zu sagen hatte, war eine Sonntagsrede im guten wie im schlechten
Sinne. Gut, weil es an Werte erinnerte, ohne die ein menschliches
Gemeinwesen nicht zustande kommt. Schlecht, weil es offenließ, wie
die Kluft zwischen Idealen und Realität zu schließen wäre. Der Papst
hat darauf eine Antwort: Gottvertrauen. Die Aufgabe stellt sich aber
auch allen anderen, denen dazu der rechte Glaube fehlt.

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