Als Steuerzahler ist man entsetzt: Wieso kann
ein kleines Privatunternehmen im fernen New York über die
Lebensverhältnisse von Hunderten Millionen Menschen entscheiden? Die
Macht, die Ratingagenturen wie Standard & Poor–inzwischen ausüben,
ist Ausdruck eines obszönen Missverhältnisses: Das globale Kapital
spielt mit souveränen Staaten Katz und Maus. Dass die Ratingagentur
Standard & Poor–s die Bonitätsnoten Frankreichs, Österreichs und
weiterer Euro-Staaten gesenkt hat, wird Folgen haben. Die Regierungen
müssen Investoren höhere Zinsen bieten, wenn sie Staatsanleihen
verkaufen wollen. Obwohl Deutschland der Herabstufung einstweilen
entgangen ist, läuft nun auch hierzulande wieder die Debatte darüber,
ob und wie man den Einfluss der Agenturen beschneiden könnte. Dabei
gerät aus dem Blick, dass die Ökonomen von Standard & Poor–s
vielleicht zu mächtig, aber keine Ignoranten sind. Ihre Begründung
für die Herabstufung der Bonität enthält ernstzunehmende Argumente,
warum es den europäischen Regierungen bislang nicht gelungen ist, die
Schuldenkrise einzudämmen. So warnt die Agentur vor einer
Abwärtsspirale: Im Bemühen, die Schulden zu verringern, würden Merkel
und ihre Kollegen ausschließlich auf Sparen setzen, dadurch den
Wirtschaftsabschwung verschärfen und die Lage letztlich verschärfen.
Außerdem habe die Euro-Zone bislang keine ausreichenden Summen zur
Verfügung gestellt, um die Zahlungsunfähigkeit eines großen Landes
wie Italien auszuschließen. Deswegen halte das Misstrauen der
Investoren an, die Krise gehe weiter. Beides ist nicht von der Hand
zu weisen. Sparen alleine reicht nicht. Die Euro-Zone braucht ein
Investitionsprogramm, das nicht aus zusätzlichen Schulden finanziert
wird, wohl aber eine Wachstumsperspektive eröffnet. Und einiges
spricht dafür, dass erst Ruhe eintritt, wenn die Investoren der EZB
glauben, dass diese im Notfall auch mit sehr großen Summen für
schwankende Staaten eintritt. Indem die Ratingagentur auf diese
Punkte hinweist, hat sie wohl recht – leider.
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