Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Rot-Rot-Grün in Thüringen Unaufhaltsam alexandra Jacobson, berlin

Bundespräsident Gaucks kritische Bemerkungen zur
Linkspartei haben entgegen allen Befürchtungen die Ereignisse in
Thüringen wohl kaum beeinflusst: Eine große Mehrheit von fast 70
Prozent der SPD-Mitglieder votierte für die Aufnahme von
rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen in Erfurt. Beinahe exakt die
gleiche Prozentzahl war von SPD-Landeschef Andreas Bausewein erwartet
worden – und zwar lange bevor Gauck seine Einwände äußerte. Thüringen
bewegt sich offenbar unaufhaltsam auf die erste Wahl eines
Ministerpräsidenten der Linkspartei zu. Alles ganz normal 25 Jahre
nach dem Mauerfall, sagen nicht nur die Anhänger der Linken. In der
Tat ist Bodo Ramelow nie SED-Mitglied gewesen. Der überzeugte Christ
hat seiner Partei zu einem stolzen Ergebnis von über 28 Prozent
verholfen. Thüringen wird unter Ramelow keinen Staatssozialismus
errichten wollen. Wer das unterstellt, betreibt billige Propaganda.
Der gebürtige Wessi Ramelow würde ohne Probleme auch als
Sozialdemokrat durchgehen. Kritische Fragen richten sich eher an die
Spitze der Linkspartei im Bund. Im Lichte der Feierlichkeiten zum
25-jährigen Mauerfalljubiläum enttäuscht die unklare Haltung der
Linkspartei zur DDR-Vergangenheit. Dass man sich auf Bundesebene
immer noch nicht dazu durchringen kann, die DDR als „Unrechtsstaat“
zu bezeichnen, ist ein Trauerspiel.

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