Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Schlecker wird endgültig abgewickelt Strohfeuer mit Langzeitwirkung UWE POLLMEIER

Die Geschichte von Schlecker erinnert an das
Grimmsche Märchen „Die drei Schweinchen“: Ein Schweinchen baut ein
Haus aus Stroh, ein anderes ein Eigenheim aus Stein. Als der Wolf
kommt, pustet er die Strohhüte weg und frisst das Schwein auf. Am
solide aufgebauten Steinhaus beißt er sich hingegen die Zähne aus.
Anton Schlecker gehört unternehmerisch gesehen zur Strohfraktion. Er
verzichtete auf das stabile Fundament und eröffnete vor 37 Jahren die
erste Filiale seiner zukünftigen Drogerie-Kette als wackeligen
Strohbau, finanziert durch Lieferantenkredite, Niedriglöhne und
minimalistische Ausstattung. Durch eine List konnte er sein
aufgebautes Imperium über viele Jahre hinweg vor dem Einsturz retten.
Er baut ganz schnell weitere Strohhäuser und gruppierte sie als
Schutzschild um die anderen herum. Das dichte Filialnetz schützte und
bescherte unterm Strich gute Umsätze. Wie in einem Schneeballsystem
glich eine Neueröffnung eine „Rote-Zahlen-Filiale“ aus. Währenddessen
saß Anton Schlecker in seiner Villa und wusste längst, dass jede
Filiale für sich gesehen mies lief. Seine Mitarbeiter ließ er im
Ungewissen. Er hoffte darauf, dass der Pleitegeier möglichst spät
landet. Der Patriarch wollte sein Gesicht wahren und schickte seine
Kinder vor. Sie sollten retten, was gar nicht mehr zu retten war. Die
Sauerei ausbaden müssen fast 16.000 Mitarbeiter. Für sie ist der Fall
Schlecker kein Märchen, sondern ein böser Albtraum.

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