Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Schneider neuer Ratsvorsitzender der EKD Alternativlos CARSTEN HEIL

Nikolaus Schneider ist ein sehr respektabler
Ratsvorsitzender für die Evangelische Kirche in Deutschland. Der
Präses der Rheinischen Landeskirche gilt als ruhiger, besonnener
Mann, der den Kontakt zur Gemeindebasis nie verloren hat und feste
soziale Standpunkte hat. Schon bei seiner Antrittsrede auf der Synode
stellte er unter Beweis, dass er sich deutlich in die Politik
einmischen wird. Ganz klar bezog er Position zu Verlängerung der
Laufzeiten von Atomkraftwerken (falsch, angesichts der ungeklärten
Endlager-Problematik) und kritisierte die Integrations-sowie die
Hartz IV-Debatte. Darin unterscheidet er sich nicht von seiner
Vorgängerin Margot Käßmann, die fast schon Ratsvorsitzende der Herzen
war. Ein wesentlicher Unterschied zu seiner unglücklich gescheiterten
Vorgängerin ist jedoch seine Persönlichkeit. Wo Käßmann fröhlich und
überzeugend vor allem in den Medien ihren Glauben an Gott bekannte
und Menschen begeisterte, spricht Schneider sachlich. In der heutigen
Zeit ist es jedoch wichtig für die Kirche, medial gut wahrgenommen zu
werden und als Person bei den Menschen beliebt zu sein. Im Glanz der
eigenen Bedeutung liegt jedoch eine Gefahr, der Margot Käßmann
möglicherweise erlegen war. Dieser Gefahr ist der 63-jährige
Schneider nicht ausgesetzt. Er ruht in sich und seinem Glauben.
Deshalb wird in der Evangelischen Kirche eine ruhigere Phase
anbrechen, nach dem intellektuell vorandrängenden Wolfgang Huber und
der quecksilbrig, herzerfrischenden Käßmann. Das heißt nicht eine
Phase der Untätigkeit. Schneider wird Reformen angehen. Er ist der
Typ erfahrener Steuermann in unruhiger See. In der befindet sich die
Kirche mit Austritten, Umwidmungen von Gebäuden, Finanzdiskussionen
und zunehmender Orientierungslosigkeit vieler Menschen. Letztlich war
Schneider alternativlos.

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