Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Schwarz-Gelbe Atompolitik Zickzack ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Eine gradlinige Politik sieht anders aus. Im
Herbst beschloss die schwarz-gelbe Koalition eine
Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. Diese Entscheidung war der
Kardinalfehler der Merkel-Regierung, der nun unter großen Mühen
rückgängig gemacht werden soll. Um im Herbst den Kotau vor der
Energiewirtschaft nicht als solchen erscheinen zu lassen, sollten die
üppigen Gewinne der Konzerne zu einem gewissen Teil abgeschöpft
werden. Die Atomsteuer wurde geboren. Jetzt soll die
Laufzeitverlängerung wieder einkassiert werden und mit ihr die
Atomsteuer. Nach allem Zickzack scheint nun wieder eine neue Zeit des
Kotaus vor den Energiekonzernen anzubrechen. Denn selbst wenn die
Laufzeiten nicht bis 2035 sondern nur bis 2022 verlängert werden,
beschert den Stromkonzernen der Betrieb der abgeschriebenen
Atommeiler dicke Extragewinne. Was lehrt uns das? Eine Energiepolitik
gegen die Interessen der vier großen Atomkonzerne ist in Deutschland
offensichtlich nur in eng definierten Grenzen möglich. Diese
einschüchternde Marktmacht zu bändigen, ist bisher noch keiner
Regierung gelungen. Auch Rot-Grün hat das trotz des ersten
Atomausstiegs nie geschafft. Für Schwarz-Gelb ist es aber besonders
fatal, dass im Vorfeld der großen Energiewende wieder ein Schatten
auf die eigene Glaubwürdigkeit fällt. Wenn sich die Koalition nicht
traut, auf der bereits eingepreisten Atomsteuer zu bestehen, wird sie
dann den Mumm haben tatsächlich 2022 ohne jedes Hintertürchen aus der
Atomenergie auszusteigen? Solche Zweifel am Durchhaltevermögen kann
sich die angeschlagene Regierung eigentlich nicht leisten. Damit
riskiert sie mindestens die Zustimmung der Opposition. Die ist aber
nicht ganz unwichtig. Denn erst der gesamtgesellschaftliche Konsens
würde diesen neuen Atomausstieg wertvoller machen als den alten.

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