Betrachtet man neuere Umfragen, ergibt sich ein
interessantes Bild. Die Union gewinnt moderat hinzu. Die FDP verharrt
dagegen wie einbetoniert mit vier, höchstens fünf Prozent im
Umfragekeller. CDU und CSU profitieren offenbar von der wieder
wachsenden Beliebtheit der Kanzlerin. Was Angela Merkel sonst stets
als nachteilig vorgeworfen wird, scheint ihr jetzt eher zum Vorteil
zu gereichen: Dass ihre Politik ohne eine einzige packende Vision
auskommt, stört momentan eher weniger. Es ist mal wieder
„Keine-Experimente-Zeit“ in Deutschland. Dafür ist Merkel, die
Meisterin der Trippelschritte, wie geschaffen. Keiner weiß so recht,
wie robust der Aufschwung tatsächlich ausfallen wird. Die im
Hintergrund schwelende Eurokrise trübt den Optimismus. Merkel selbst
tastet sich vorsichtig vor und verspricht außer der Wahrung deutscher
Interessen wenig bis gar nichts. Das kommt offenbar an. Die FDP
leidet nicht nur an ihrer Führungskrise. Die Umfragewerte bleiben
schlecht, obwohl die Liberalen derzeit die parteipolitische
Profilierung für sich gepachtet haben. Jedes Thema wird zur alles
entscheidenden Grundsatzfrage. Alle sollen merken, dass es die FDP
noch gibt. Gegen den erklärten Willen von Finanzminister Wolfgang
Schäuble setzt die FDP etwa eine Steuersenkung von 2,90 Euro pro
Monat durch. Doch bei den Wählern bleibt die Begeisterung aus. Eifrig
blockieren die Liberalen in den Hartz-IV-Verhandlungen den
Mindestlohn für Zeitarbeiter. Obwohl sogar die Arbeitgeber diesen
längst befürworten. Die FDP wirkt manchmal wie ein trotziges Kind,
das mit dem Fuß aufstampft. Das macht die Partei allerdings nicht
sympathischer. Zum Regieren gehören Erdung, Erfahrung – und auch eine
gewisse Kunst der Geschmeidigkeit. Bei Letzterer könnte sich die FDP
eine Scheibe von Angela Merkel abschneiden.
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