Wenn jeder an sich selber denkt, ist an alle
gedacht. Mit dieser Parole machten in diesem Jahr die Republikaner in
den USA Wahlkampf. Freiheit in der ökonomischen Entwicklung,
Selbstverantwortung für sich und die Seinen, der Staat hat sich aus
allem herauszuhalten. Bis zu einem gewissen Punkt ist das sicher
richtig. In der formulierten Radikalität ist es aber eine
Einstellung, bei der sich entweder nur die Starken durchsetzen oder
die nur funktionieren kann, wenn es sich ausschließlich um eine
Gesellschaft von Starken handelt. Beides ist nicht erstrebenswert,
weil zu einem gelingenden Miteinander, zu gesamtgesellschaftlicher
Stärke immer auch Unterschiede gehören, die akzeptiert und bis zu
einem gewissen Grad ausgeglichen werden. Unterschiede treiben an,
sorgen dafür, dass Menschen sich anstrengen. Der Starke kann für sich
allein sorgen. Es gibt aber auch Schwache. Eine Botschaft von
Weihnachten ist, dass es weniger leistungsfähige, in der Gesellschaft
weniger anerkannte Menschen gibt. Hirten und Könige besuchten Jesus
im Stall, Schwache und Starke versammelten sich später an Karfreitag
unter dem Kreuz. Es ist die Verantwortung der Starken, auf Schwache
Rücksicht zu nehmen, ihnen zu helfen. Im Zweifel auch, indem sie auf
eigene Vorteile verzichten. In den USA ist jedoch nicht zuletzt auf
Grund der oben genannten Überzeugung die Gesellschaft zutiefst
gespalten. Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer. Das führt zu
unüberbrückbaren Gegensätzen, die die gesamte Gesellschaft schwächen.
Schon hat der Gigant des 20. Jahrhunderts große Schwierigkeiten, sich
zu behaupten. In Deutschland und Europa gibt es wenig Grund, sich
zufrieden zurückzulehnen. Die Leistungsunterschiede auf dem Alten
Kontinent treten in der Euro-Krise zu Tage. Und viele Untersuchungen
belegen, dass wir auch in Deutschland dabei sind, die gesunde Balance
zwischen Arm und Reich, Schwach und Stark zu verlieren. Deshalb wird
im kommenden Bundestagswahljahr die soziale Frage sicher eine ganz
wichtige werden. Warum kann jemand, der 250.000 Euro und mehr im Jahr
verdient, nicht etwas mehr abgeben – um die Frage nach dem
Spitzensteuersatz zu stellen? Oder derjenige, der viele Millionen auf
der hohen Kante hat, eine Vermögensabgabe zahlen, die dann in Bildung
investiert wird? Zum ganzen Bild gehört aber auch, dass der Schwache
sich anzustrengen hat. Kein Wunder, dass den Starken die Lust vergeht
abzugeben, wenn sie die Berichte des Neuköllner Bürgermeisters Heinz
Buschkowsky (SPD) lesen, der über „ganz unten“ berichtet. Die andere
Weihnachtsbotschaft ist, dass sich die Hirten aufmachten, sich also
bemühten. Das ist eine Anstrengung, die die Gesellschaft von denen,
die weniger haben, weniger können, weniger wollen, erwarten kann.
Nicht aufgeben, Lernen und Arbeiten. Das können die starken Staaten
Europas in der Euro-Krise auch von den Hilfsbedürftigen erwarten.
Macht euch auf den Weg. Wer sich selber hilft, dem wird geholfen
werden.
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