Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Steuerschlupflöcher Legal, aber oft nicht richtig Wolfgang Mulke, Berlin

In der nächsten Zeit dürfte die Zeitungslektüre
spannend bleiben. Denn mit der ersten Veröffentlichung von Daten aus
dem Steuerparadies Panama zeigte die weltweite Kooperation von
Journalisten wohl nur die Spitze eines Eisbergs. Schon wurden auch
erste Namen auch von Deutschen bekannt, die in dem südamerikanischen
Kleinstaat durch Briefkastenfirmen Eigentum oder Einkünfte
verschleiern. Es werden weitere folgen. Von einem Datenleck kann bei
den aus einer Anwaltskanzlei entwendeten Informationen nicht die Rede
sein. Da wurde gleich die ganze Breitseite aufgerissen, so groß ist
der digitale Fundus, in dem die Rechercheure noch lange wühlen
können. Doch allein schon die jetzt bekannt gewordenen Details über
die Verwicklung von Politikern, ihren Vertrauten, von Drogenbossen
und Fußballspielern bestätigt die schlimmsten Vermutungen
hinsichtlich der gängigen Praxis in den letzten Steueroasen der Welt.
Die gute Nachricht lautet: Niemand, auch nicht die Mächtigen und
Einflussreichen, kann sich heute noch sicher sein, dass dunkle
Geheimnisse für alle Zeit gewahrt bleiben. Üble Zeitgenossen werden
enttarnt, obwohl sie geschickte Nebelwände um ihre Verhältnisse
errichten. Doch ist die Aufregung darum gerechtfertigt? Schließlich
nutzen die nun ins Kreuzfeuer der Kritik geratenen vornehmlich ganz
legale Wege der Geheimniskrämerei. In der Vergangenheit hat sich ja
auch niemand ernsthaft darum bemüht, den Sumpf aus Firmengeflechten
trocken zu legen und Steuerhinterziehung als das zu behandeln, was
sie ist: kriminelles Verhalten. Doch die Zeit haben sich geändert.
Die Bürger und viele Staaten sind immer weniger bereit, derartige
Schlupflöcher im Steuersystem zu dulden. Doch Steuerdelikte sind nur
ein Teil des Problems. Viel gravierender sind die zwielichtigen
Praktiken mit Briefkastenfirmen mit Blick auf die organisierte
Kriminalität, auf Regierungskriminalität, auf Wirtschaftskriminalität
wie Korruption. Solange Diktatoren und Drogenbosse, Menschenhändler
oder gewählte Politiker ihre Fäden unbehelligt im Verborgenen spinnen
können, wird es schwer sein, sie auszuschalten. Deshalb ist
Transparenz bei den Kapitalflüssen und bei den tatsächlichen
Besitzverhältnissen keine zu starke Einschränkung der persönlichen
Freiheit. Bisher hielt sich das politische Interesse an mehr
Kontrolle in Grenzen. Auch deutsche Regierungen haben zu wenig auf
ein Ende der Verschleierungsmöglichkeiten gedrängt. Spätestens jetzt
ist es an der Zeit, hier mehr Engagement an den Tag zu legen.
Möglichst viele Regierungen der Welt müssen sich zusammentun, um den
Druck auf die Steueroasen weiter zu erhöhen und ein für alle
geltendes Transparenzregelwerk durchzusetzen.

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