Die Grundsteuer ist oft eine Steuer auf 
Wohnraum. Deswegen erscheint es  verständlich, wenn sich nun viele 
Leute – Immobilienbesitzer wie Mieter  – Sorgen machen, dass die 
Wohnungen teurer werden. Für Millionen Häuser  könnte die 
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Dienstag diese  
Wirkung tatsächlich entfalten. Bei der nun nötigen Reform des 
Gesetzes  müssen Bund, Länder und Kommunen deshalb vorsichtig sein. 
Sie sollten  das Ziel verfolgen, die regionalen Preisanhebungen in 
engen Grenzen zu  halten. Überraschend kam das Urteil des 
Verfassungsgerichts nicht. Die  sogenannten Einheitswerte für die 
Berechnung der Grundsteuer stammen in  Ostdeutschland von 1935, im 
Westen von 1964. Seitdem ist einiges  passiert. Die alten Maßstäbe 
bilden einfach nicht die aktuellen Werte  vieler Immobilien ab. 
Frühere Mietskasernen enthalten heute oft 	keine  Arbeiter-Wohnklos 
mehr, sondern 150-Quadratmeter Luxuswohnungen mit  entsprechender 
Rendite. Warum also sollten nicht die Immobilienbesitzer  einen 
größeren Teil ihres Gewinns an die Gemeinschaft abtreten – in  
Gestalt der höheren Grundsteuer?  Weil die Grundsteuer auf die Miete 
umgelegt werden darf. Nicht 	die  Hausbesitzer zahlen sie, sondern 
die Mieter. Mehr Steuer bedeutet daher,  dass es teurer wird, das 
Grundbedürfnis des Wohnens zu befriedigen. Und  wenn man den 
Immobilieneignern gesetzlich verböte, die Abgabe umzulegen?  Das 
reduzierte die Gewinnmarge der Vermieter, wodurch möglicherweise  
weniger neue Wohnungen gebaut würden.  Keine gute Idee in einer Zeit,
da Mangel an Wohnraum herrscht. Bis zu  zwei Millionen Unterkünfte 
fehlen derzeit in Deutschland, vor allem  günstige. Hohe Mieten wegen
knappen Angebots gelten schon als Teil der  neuen sozialen Frage. 
Trotzdem kann die Politik das Karlsruher Urteil nicht ignorieren. 
Gestiegene Immobilienpreise werden besonders in den Innenstädten von 
München, Freiburg, Stuttgart, Köln, Hamburg, Berlin, Leipzig, Dresden
und anderenorts zu höheren Abgaben führen. Allerdings gibt es  
Möglichkeiten, den Anstieg auf ein sozialverträgliches Maß zu 
begrenzen. Die Bundesländer könnten die Steuer regional 
differenzieren. Auch die  Kommunen wählen ihre Hebesätze selbst. Und 
schließlich sollte die  Wertanpassung, wie vom Verfassungsgericht 
ermöglicht, über einen längeren Zeitraum gestreckt werden, um 
plötzliche Sprünge zu vermeiden.
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