Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Westfälischer Friedenspreis für Helmut Schmidt Ein großer Deutscher THOMAS SEIM

Die erste Verblüffung, die sich bei der
Nachricht einstellt, dass Helmut Schmidt den Westfälischen
Friedenspreis erhält, entlädt sich in der zweifelnden Frage: Hat er
den nicht schon längst? Schließlich hat ihn Schmidts großer
französischer Partner, Giscard d–Estaing, doch schon erhalten. Und da
sollte der Kanzler ihn nicht erhalten haben, der mit Giscard 1975
zunächst den G-6-Gipfel, den Vorläufer von G 7, G 8 und G20, den
politischen Leitgremien der Welt, erfand? Nein, hat er nicht. Und
deshalb ist es eine sehr gute Entscheidung der Jury, den Preis diesem
großen Deutschen zu verleihen. Schmidts Wahrnehmung war immer von dem
Respekt vor dessen Wirtschaftskompetenz geprägt. Lange aber fand der
Hanseat keinen Weg in die Gefühlswelt der Deutschen. Da rangierte er
hinter Willy Brandt und Konrad Adenauer. Den Deutschen – insbesondere
auch der deutschen Linken – fehlte über Jahre die Fähigkeit, neben
dem Respekt vor dem Manager der Macht auch eine persönliche Nähe zum
5. Kanzler der Republik zu entwickeln, der schon als Hamburger
Innensenator Mut gegen die Flut zeigte und die Bundeswehr im Innern
einsetzte. Das mag mit der hanseatischen Kühle und Arroganz zu tun
haben, die Helmut Schmidt in persönlichen Begegnungen seine Gegenüber
oft und gern spüren ließ. Gerecht war es allerdings nicht. Schmidt
hat Deutschland nicht nur durch die Terrorjahre in den 1970ern
geführt. Er war auch der emotionale Mensch, der nach der Befreiung
der Geiseln von Mogadischu weinte. Schmidt hat – früher als andere –
gespürt, dass nur in der internationalen Zusammenarbeit Frieden und
eine erfolgreiche Zukunft liegen können. Das ist seine große
Leistung, die heute mit Recht Anerkennung erhält und in eine Reihe
mit dem Friedensnobelpreisträger Willy Brandt gehoben wird. Es ist
spät, aber – gottlob – nicht zu spät.

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