Es war Mode geworden, den neuen
Bundespräsidenten Christian Wulff als zweite Wahl zu
charakterisieren. Zu jung, zu politisch, zu provinziell – so ungefähr
lauteten die schnellen Urteile der politischen Journaille in Berlin.
Die Beobachter waren verliebt in Joachim Gauck, der so eloquent
vortragen kann, in gesetztem Alter ist, aus dem Osten stammt und eine
beeindruckende Biographie hat. Tatsächlich gab es
Ungeschicklichkeiten für den und des Präsidenten. Zum Beispiel die,
dass seine Partei ihm keine Mehrheit im ersten Wahlgang besorgte.
Auch dass Wulff sich der „Sache Sarrazin“ wie ein Politiker statt wie
ein Präsident annahm, sorgte für Kritik. Schließlich wartete alles
auf seine Haltung zum Thema Integration, die er als sein
Schwerpunktthema wählen wollte. Dies hat er nun in beeindruckender
Weise getan. Er nutz-te den Tag der Einheit, um allen Menschen in
diesem Land – auch den zugewanderten – eine gemeinsame Plattform zu
geben. Nun machte er auf seiner Türkeireise den Türken klar, dass
Integration und Toleranz keine Einbahnstraßen sind. Sein Eintreten
für die Christen in der Türkei ließ keine Frage offen. Immer weniger
reden noch von Sarrazin und dessen effektheischenden,
verkaufsfördernden dünnen Thesen. Und das ist auch gut so. Christian
Wulff hat als politisches und doch unabhängiges Staatsoberhaupt
Profil gewonnen. Auch das ist gut so. Nach gut 100 Tagen im Amt zeigt
sich: Der neue Präsident ist unterschätzt worden.
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