Die NATO verstärkt ihre Präsenz am Ostrand des
Bündnisgebiets. Mehr Flugzeuge, mehr Schiffe, höhere Bereitschaft an
Land, sagt Generalsekretär Rasmussen. Neuigkeiten im Sinne der
Sachinformation sind das nicht. Schon auf dem Außenministertreffen
vor zwei Wochen waren die Maßnahmen als Teil der Antwort auf
Russlands Einschüchterungspolitik gegenüber der Ukraine beschlossen
worden. „Reassurance“, Beruhigung der Verbündeten an der Ostflanke,
war die Devise. Es geht in erster Linie um die politische
Gemütsverfassung der drei baltischen Staaten und Polens. Dort ist die
NATO nicht mit nennenswerten Dauereinrichtungen vertreten, sondern,
wie Polens Außenminister Sikorski leicht übertrieben anmerkte, „nur
mit einem Konferenzraum“. Kein Wunder, dass unter diesen Umständen –
angesichts der geografischen Lage und der historischen Erfahrung –
Putins Neuauflage sowjetimperialistischer Methoden für Nervosität bis
hin zum Zweifel an der Beistandsgarantie des Bündnisses sorgt. Der
sollte beseitigt, die Glaubwürdigkeit gefestigt werden. Das hat den
zweiten Binnen-zweck, auch den anderen Alliierten die
Notfallbereitschaft zur kollektiven Selbstverteidigung in Erinnerung
zu rufen. Dieses Kerngeschäft ist seit dem Ende des Kalten Kriegs
hinter den diversen Großeinsätzen jenseits des Bündnisgebiets aus dem
Blickfeld verschwunden, bleibt aber der eigentlich Grund, warum die
NATO überhaupt existiert. Das auch Richtung Moskau unmissverständlich
klarzumachen war und ist der dritte Zweck der Übung. Diese Logik in
militärische Planung umzusetzen war der Arbeitsauftrag der
Außenminister. Rasmussen ist dem jetzt nachgekommen. Auf der
Sachebene kann man mithin von Eskalation nicht reden. Dass die
Ankündigung des Dänen dennoch so wirkt, liegt am Timing und am
Tonfall. Am Tag vor der Genfer Konferenz, bei der der Kreml zum
ersten Mal auf hoher diplomatischer Ebene mit der ukrainischen
Übergangsregierung spricht, klingt die schneidige Parole „Zu Wasser,
zu Lande und in der Luft“ fatal nach Mobilmachung. Schlimm genug,
dass die Führung in Kiew ihre Schwäche mit verbaler Kraftmeierei
bemäntelt. Die NATO sollte es besser wissen.
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