Die SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft, ihre Partei
und ihr grüner Bündnispartner lassen sich auf ein hohes Risiko mit
ungewissem Ende ein. Wenn sie jetzt mit sechswöchiger Verzögerung
eine rot-grüne Regierung bilden, die das Wahlergebnis und die
Mehrheitsverhältnisse im Landtag eigentlich nicht hergeben, dann
übersehen sie in ihrem Überschwang, dass eine Minderheitsregierung
keine Dauerlösung sein kann, auch wenn beiden Parteien nur eine
Stimme zur absoluten Mehrheit fehlt. Schon bei ihrer Wahl zur
Ministerpräsidentin ist Kraft auf die Mitwirkung anderer Fraktionen
angewiesen – sei es durch Abgeordnete von CDU, FDP oder Linken, die
sie in geheimer Abstimmung im ersten Wahlgang wählen, sei es durch
Nichtbeteiligung in den folgenden Gängen. Spätestens wenn über den
Haushalt für 2011 abgestimmt wird, der von dem neuen rot-grünen
Kabinett vorgelegt werden muss, stößt die Minderheitsregierung an die
Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit. Kraft hat sich ihre Entscheidung
nicht leichtgemacht. Noch am Montag hatte sie die SPD-Führung dazu
vergattert, sich trotz des Drängens der Grünen „derzeit“ nicht auf
eine Minderheitsregierung einzulassen. Die jetzt vorgetragene
Begründung für die plötzliche Kehrtwende, die Beendigung der
schwarz-gelben Koalition durch FDP-Chef Andreas Pinkwart, klingt nach
einem Vorwand und ist nicht überzeugend. In Wahrheit hat den
Ausschlag gegeben das weitgehend negative Echo in der Öffentlichkeit
auf die Absicht, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und seine
Kabinettsriege noch über Monate hin im Amt zu belassen. Jetzt werden
SPD und Grüne noch vor der Sommerpause Klarheit schaffen, Klarheit,
wer regiert. Und wenn sie keine Mehrheit für ihren Haushalt finden,
ist auch klar, dass im nächsten Jahr neu gewählt werden muss.
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