Neue Westfälische (Bielefeld): Neue Westfälische Bielefeld: Eskalation der Gewalt um Stuttgart 21

Gefährliche Lage

JÖRG RINNE

Natürlich haben die Befürworter des gigantischen Bauprojektes
Stuttgart 21 recht, wenn sie darauf hinweisen, dass das Vorhaben
seinen demokratischen Weg gegangen ist. Doch die Bilder blutender
Demonstranten, Fotos von rücksichtsloser Polizeigewalt rücken die
Auseinandersetzung in ein völlig anderes Licht. Hängen bleibt der
Eindruck, dass der Staat seine mündigen Bürger niederknüppelt. Welch
fatales Signal. Längst hat die Debatte den lokalen Raum verlassen.
Die Kanzlerin selbst will die Landtagswahl in Baden-Württemberg 2011
zur Abstimmung über das Milliarden-Projekt machen. Sie stellt ihren
Ministerpräsidenten Stefan Mappus damit in die erste Frontlinie. Eine
auch für Angela Merkel gewagte politische Strategie. Denn die Folgen
der Eskalation vor dem Stuttgarter Bahnhof sind unwägbar. Der
wahrhaft unterirdische Konflikt zeigt aber auch noch eine andere
Entwicklung auf – die fortschreitende Trennung des Staates von seinen
Bürgern. Die da oben und die da unten verstehen sich nicht mehr.
Nicht nur in Stuttgart. Auch in OWL wird der Unmut spürbar: Marode
Straßen bleiben ungeflickt, Schulen und Kindergärten verrotten,
Gebühren werden massiv erhöht. Kein Geld, klagen die Kommunen. Zu
recht. Doch wenn es um die Verwaltung geht, wird in teure
Prestigeobjekte investiert, empfindet der Bürger. Nicht ganz zu
unrecht. Da schlummert Gefahrenpotenzial. Denn Stuttgart kann überall
sein.

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