Täglich dreht sich im Nordkorea-Konflikt die 
Eskalationsschraube weiter. Täglich wird ein Affront mit dem nächsten
getoppt. Täglich wächst die Gefahr eines Kriegsausbruchs mit 
unübersehbaren Folgen. Und täglich klafft die Schere zwischen dem, 
was Amerika sagt, und dem, was es tut, weiter auseinander. Das 
Prinzip der „strategischen Geduld“, mit der Nordkorea bislang wie ein
pubertierender Rabauke mitleidig ignoriert und nur ab und an 
gemaßregelt wurde, steht vor seiner härtesten Bewährungsprobe.  Das 
Prinzip geht so: Alle Jahre wieder produziert das isolierte Nordkorea
absichtlich eine Krise. Es testet die Schmerzempfindlichkeit seiner 
Nachbarn. Und die Amerikas. Früher oder später wird es Amerika zu 
bunt. Man droht zurück. Das kleine Nordkorea schwenkt auf 
Verhandlungskurs um und lässt sich das Einlenken mit Finanzhilfen und
anderen Konzessionen vergelten. So war es meistens. Bis Obama kam und
sich nicht länger erpressen lassen wollte. Seither treibt Nordkorea 
das Krisenmachen auf die Spitze. Das alles in Harakiri-Tonlage. 
Verrückt, aber wahr. Offiziell wiegelt das Weiße Haus auch diesmal 
ab. In Wahrheit stellen sich die USA darauf ein, dass Pjöngjang 
diesmal wirklich losschlagen könnte. Nicht sofort nuklear, was einem 
Selbstmord gleichkäme. Und auch nicht mit Zielen auf dem 
amerikanischen Festland im Visier. Dazu reicht der Arm der 
Raketenbauern nicht weit genug. Aber vor der Haustür, in Südkorea, 
vielleicht in Japan oder auf Inseln mit amerikanischer Präsenz, kann 
genug Schaden angerichtet und eine unheilvolle Dynamik in Gang 
gesetzt werden. Die vom Pentagon angeordnete Verlegung spezieller 
Raketenabwehrsysteme und Kriegsschiffe in die Region spricht für 
sich. Mit dem Absegnen eines Atomangriffs auf amerikanische 
Territorien hat Nordkorea die rote Linie überschritten. Die Geste ist
nur noch durch ihre Realisierung steigerungsfähig. Ohne Realisierung 
steht das Regime innen- wie außenpolitisch als Maulheld da. Die 
Gefahr, dass sich der  hoch pokernde Kim Jong Un den 
gesichtswahrenden Rückweg verbaut und so eine Kurzschlussreaktion der
Militär-Clique begünstigt, ist real. Vermutung: Nordkorea will unter 
Führung des durch europäische Schulen gegangenen Diktator-Lehrlings 
trotz missmutiger Blicke Chinas und Russlands mittelfristig als 
Atommacht auf Augenhöhe wahrgenommen werden. Getreu der von der NATO 
im Kalten Krieg nicht ohne Fortüne verfolgten Devise, dass am Ende 
des Tages nur Atomwaffen wirklich abschrecken.  Ohne direkte 
Verhandlungen, ohne die Aufgabe falschen Stolzes wird Amerika dem 
Problem nicht beikommen, geschweige denn herausfinden, ob sich Kim 
Jong Un mit dem Streben nach der Atomwaffe nach innen den Weg zu 
dosierten Wirtschaftsreformen öffnen will, die das Land aus dem 
Steinzeitalter führen könnten. Im Atomkonflikt mit dem Iran bietet 
sich Washington seit Monaten wie sauer Bier als direkter 
Gesprächspartner an, um die Mullahs zur Einkehr zu bewegen. Warum 
nicht auch in Pjöngjang? Alles ist besser als die Alternative: Krieg.
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