Neue Westfälische (Bielefeld): Reden zur Einheit Es geht um Würde BERNHARD HÄNEL

Zwei Redner, an zwei unterschiedlichen Orten
aber gleiches Thema. Zum Tag der Deutschen Einheit kam es zu einer
Art rhetorischen Kräftemessen zwischen dem gewählten Präsidenten
Christian Wulff und seinem gescheiterten Herausforderer Joachim
Gauck. Ohne dass es eine Absprache zwischen den beiden gab, gingen
sie ihr Thema ähnlich an. Sie würdigten die Revolution in
Ostdeutschland, die merkwürdigerweise in den alten wie neuen
Bundesländern als „Wende“ verniedlicht wird. „Wende“? Diese
Bezeichnung wählte Egon Krenz als er Erich Honecker aus seinem Amt
gedrängt hatte. Die Einbürgerung dieses Wortes in unser aller
Sprachgebrauch ist erstaunlich und beschämend. Auch Wulff und Gauck
benutzten diese Verharmlosung am Nationalfeiertag. Sonst aber wurde
Klartext geredet. Beide erweiterten das Thema Einheit auf die
aktuelle Debatte der Integration von Zuwanderern. Klartext redete
dabei eher Gauck, der natürlich unbefangener die Worte setzen konnte
als der Bundespräsident. Gauck formulierte drastisch, ohne auf Thilo
Sarrazins Thesen Bezug zu nehmen. Wulff dagegen sprach softig, wie
die Bürger es von Politikern gewohnt sind und sich genervt abwenden.
Einer Konfrontation aber redete keiner das Wort. Beiden ging es um
Würde des Einzelnen wie um die der Gesellschaft insgesamt.
Erwartungen an beide wurden formuliert, die klein genug sind, sie
realisieren zu können.

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