Dass die SPD-Führung für ihre Entscheidung, den
Ausschlussantrag gegen den Quertreiber Thilo Sarrazin zurückzuziehen,
nicht viel Beifall ernten würde, war abzusehen. Zu verhärtet waren
die Fronten, zu emotional aufgeladen der Streit über Sarrazins teils
absurde, teils gefährliche Thesen, als dass sich vor allem die
zahlreichen Gegner des ehemaligen Finanzsenators und Bundesbankers
mit einem Verzicht auf den Rauswurf abfinden könnten. Trotzdem ist
die Einstellung des Ausschlussverfahrens richtig und das hat nichts
mit den Chancen der SPD bei den Berliner Wahlen zu tun. Alle
Parteien, nicht nur die SPD, sollten sich mit Ausschlüssen schwer
tun. Wenn alle Parteimitglieder, die wie Sarrazin höchst umstrittene,
absurde oder dumme Thesen vertreten, rausgeschmissen würden, müssten
als erstes die Schatzmeister Einspruch eingelegen: die Reihen der
Mitglieder würden sich doch stark lichten. Meinungsfreiheit gilt auch
für diejenigen, die ein Parteibuch haben und Parteien müssen die
Toleranz aufbringen, dies auch bis zur Schmerzgrenze zu dulden. Nur
wer wie seinerzeit Wolfgang Clement für die Wahl einer anderen Partei
eintritt, dem muss der Stuhl vor die Tür gestellt werden. Und anders
als der Ex-NRW-Ministerpräsident hat Sarrazin wenigstens so etwas wie
Reue und Besserung gelobt.
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