Neue Westfälische (Bielefeld): Sterbehilfe Patientenwohl PETER STUCKHARD

Zum Sterben in die Schweiz? Wer glaubt, sich
eine solche letzte Reise antun zu müssen, ist ein zutiefst bedauerns-
und bemitleidenswerter Mensch. Warum die Schweiz? Weil dort die Hilfe
zur Selbsttötung straffrei ist. In Deutschland ist es lediglich der
assistierte Suizid, die Beihilfe, die nicht strafbewehrt ist.
Praktisch betrachtet: Einen todbringenden Cocktail, wenn man ihn denn
bekommen kann, darf man dem Sterbewilligen auch hierzulande
zureichen. Man darf ihn nur nicht verabreichen. Deutschen Ärzten
verbietet allerdings ihr Berufsrecht sogar die Beihilfe. In
Deutschland erlaubt ist die indirekte Hilfe beim Sterben. Sie wird
auch von vielen Ärztinnen und Ärzten auf Palliativstationen
praktiziert. Der sterbenskranke Mensch hat ein Recht darauf, im
Endstadium einer schweren Krankheit keine Schmerzen zu erleiden. Wenn
als Nebenwirkung eines Schmerzmittels wie Morphin der Eintritt des
Todes beschleunigt wird, so hat der Arzt seinem unrettbaren Patienten
geholfen. Er ist dem hippokratischen Eid gefolgt und hat das Wohl
seines Patienten auch auf den letzten Metern nicht aus den Augen
verloren. Wer die Umstände des letzten Wegstücks von Gernot F. nicht
kennt, muss sich jeder Bewertung des Falles enthalten. Man darf aber
Fragen stellen: Hat er in der Einrichtung, in der er zuletzt
untergebracht war, die Chance auf eine qualifizierte
palliativmedizinische Versorgung bekommen? Am Geld dürfte das
keinesfalls gescheitert sein. Wenn ja, wie hat der Arzt seines
Vertrauens ihn behandelt? Gab es wirklich keinen anderen Weg? Viele
Fragen müssen unbeantwortet bleiben. Deshalb ist der Fall von Gernot
F. nicht geeignet, die hiesige palliativmedizinische Versorgung
pauschal zu kritisieren. Die Frage der ärztlich assistierten
Selbsttötung ist allerdings nicht abschließend diskutiert.

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