Neue Westfälische (Bielefeld): Urteil im Brunner-Prozess Juristisch wackelig RALF MÜLLER, MÜNCHEN

Bei aller Genugtuung für die Bestrafung einer
monströsen Tat bleibt im Brunner-Prozess der Verdacht einer
populistischen Rechtsprechung. Der öffentlichen und veröffentlichten
Meinung sowie der Erwartungshaltung der größten in Bayern regierenden
Partei kam die Münchener Jugendstrafkammer mit ihrem harten Urteil
gegen die beiden Schläger vom S-Bahnhof München Solln ohne weiteres
nach. Ob es auch den Buchstaben des Gesetzes gerecht wird, ist aber
zweifelhaft. Keine Frage: Gegenüber den brutalen jugendlichen
Straftätern wäre Milde fehl am Platze gewesen, aber im Fall es
älteren von ihnen auf Mord zu erkennen, ist eine juristisch
wackelige Sache. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der
Bundesgerichtshof (BGH) als Revisionsinstanz das Urteil aufhebt.  Es
besteht der begründete Verdacht, dass dies dem Gericht bewusst war.
Denn Gerichtsvorsitzender Reinhold Baier beschrieb in seiner
mündlichen Urteilsbegründung mit geradezu quälender Detailtreue den
Sachverhalt, wurde aber erstaunlich einsilbig, als es um zentrale
juristischen Fragen wie die Mordmerkmale und die Kausalität ging.
Gerade in dieser Hinsicht hätte man sich fundiertere Ausführungen
erwartet, die das Gericht freilich noch in den schriftlichen
Urteilsgründen nachliefern kann.

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