US-Präsident Barack Obama hat im Schuldenpoker
mit den Republikanern keine gute Figur gemacht. Von der verdeckten
Hand, die in anderen Krisen geschickt aus dem Hintergrund führte, war
diesmal wenig zu spüren. Obama wirkte eher wie ein Getriebener, der
scheibchenweise den Forderungen eines zu allem entschlossenen
Gegenspielers nachgab. Das Verhandlungsergebnis jedenfalls lässt
keinen anderen Rückschluss zu. Der Präsident erhielt nicht einen Cent
an neuen Steuereinnahmen. Stattdessen akzeptiert er Einsparungen von
rund 2,1 Billionen US-Dollar über die kommenden zehn Jahre. Mit einem
„ausgewogenen“ Kompromiss, wie ihn Obama einmal versprach, hat dieses
Paket wenig zu tun. Realistisch betrachtet ist es ein Spardiktat, das
ihm die Rechtspopulisten der „Tea Party“ abgepresst haben. Obama
machte bei den Verhandlungen mehrere grundlegende Fehler. Der
Anti-Steuer-Aktivist Grover Norquist meinte kürzlich, er sei
„angenehm schockiert“ gewesen, dass der Präsident die Verlängerung
der Steuersätze George W. Bushs Ende 2010 nicht von einer Anhebung
der Schuldendecke abhängig gemacht hatte. Wie wahr. Das ganze Drama
wäre ihm und der Nation erspart geblieben. Niemals hätte Obama die
verquere Tea-Party-Logik akzeptieren dürfen, die Begleichung bereits
eingegangener Verbindlichkeiten mit künftiger Ausgabenpolitik zu
verknüpfen. Für eine Supermacht, auf deren Anleihen die Stabilität
der globalen Finanzmärkte beruht, muss die Bedienung der Gläubiger
eine Selbstverständlichkeit sein. Dass er sich der Erpressungs-taktik
unverantwortlicher Prinzipienreiter beugte, die nicht nur die
amerikanische, sondern die ganze Weltwirtschaft in Geiselhaft nahmen,
wird ihm politisch am meisten schaden. All das erklärt, warum Obama
bei einem Scheitern der Verhandlungen wenige Stunden vor Ablauf des
Countdowns zum Staatsbankrott am wenigsten zu gewinnen und am meisten
zu verlieren hatte. In den kommenden 18 Monaten bis zu den Wahlen
wird Obama in diesem Kongress nichts mehr bestellen können. Trotzdem
könnte dem Präsidenten die Krise langfristig helfen, machte das
Gebaren der Tea-Party-Republikaner den Amerikanern doch hinlänglich
den Unterschied zwischen politischem Rabaukentum und verantwortlicher
Führung deutlich. Die Rechtspopulisten haben mit den erzwungenen
Einsparungen zwar ihr Lösegeld erhalten. Beliebt machten sie sich
damit jedoch nicht. Obamas Strategen nehmen den Frust und die
Enttäuschung auf dem linken Parteiflügel über den Schuldenkompromiss
bewusst in Kauf. Je lauter die Liberalen aufschreien, desto
deutlicher kann sich der Präsident in der Mitte positionieren. Dort
werden in den USA seit Gedenken Wahlen entschieden. Umfragen zeigen,
dass Obama bei den Unabhängigen punkten konnte. Ob es ihm im November
helfen wird, bleibt abzuwarten. Im Moment steht er jedenfalls am
Tiefpunkt seiner Präsidentschaft.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de