Neue Westfälische (Bielefeld): Wahlkampfauftakt in Nordrhein-Westfalen Laschet ohne Schlagkraft Florian Pfitzner, Düsseldorf

Sie hat nur ein Mal von Helmut Kohl gesprochen –
als sie sein Wort zitierte, wonach die deutsche Einheit und die
europäische Einigung „zwei Seiten derselben Medaille“ sind. Angela
Merkel scheint jedoch noch etwas anderes von Kohl gelernt zu haben:
die scharfe Abgrenzung vom bevölkerungsreichsten Bundesland, das als
„Herzkammer der Sozialdemokratie“ gilt. So hat sie NRW beim
CDU-Landesparteitag in Münster fern jeder Abwägung einfach mal alles
angekreidet, was bei „Köln“ oder „Amri“ schiefgelaufen ist. Während
die NRW-SPD mit ihrer Führungsriege aus dem Willy-Brandt-Haus den
Endspurt zur Landtagswahl im Mai eingeläutet hat, empfahl Merkel
ihrer CDU im Westen, nun mal nicht jeden Tag auf die Umfragen zu
schauen. Sie solle sich lieber fragen, wie sich NRW noch lebens- und
liebenswerter gestalten ließe. Das war–s? Das ist Merkels Botschaft
für den Wahlkampf in NRW, dem letzten großen Test für die
Bundestagswahl im Herbst? CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet dürfte
sich dadurch kaum ermutigt fühlen. Zwar sehen Meinungsforscher den
mitgliederstärksten Landesverband der Union inzwischen nur noch
sieben Punkte hinter der SPD. Im Vergleich mit seiner Gegnerin zeigt
sich jedoch, woran es hapert: Könnte man direkt wählen, würde sich
weit mehr als die Hälfte für Kraft entscheiden, nur gut jeder Fünfte
für Laschet. Nun setzt die CDU auf das Wahlkampfthema innere
Sicherheit. In Münster hat es Laschet zwei, drei Mal geschafft, sogar
die ihm gegenüber kritisch eingestellten Delegierten mitzureißen. Das
ändert jedoch kaum etwas daran, dass viele in der Partei ihrem
Kandidaten die Rolle des „Null-Toleranz“-Sheriffs nicht abnehmen.
Integration und Familie – da fühlt er sich zu Hause, wirkt er
glaubwürdig. Zu häufig verheddert er sich bei seinen Auftritten in
Anekdoten, galoppiert jedes Gebiet ab statt sich auf gezielte, harte
Wahlkampfschläge zu konzentrieren. Selbst die Junge Union hat sich
nach ihrem „Deutschlandtag“ über ihn lustig gemacht, weil er lieber
ausgedehnt über eine Katzenverordnung der Landesregierung referierte
als über die Flüchtlingsbewegung. Im Boxen würde man sagen, Laschet
fehlt der Punch. Möglicherweise aber ist Merkel das gar nicht so
unrecht. Fährt sie im Herbst einen Wahlsieg ein, könnte sie weiter
auf Abgrenzung setzen.

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