Das Konservative in der CDU hat einen schweren
Stand. Oft wirkt es heillos reaktionär und gestrig. Manchmal kommt es
als Geschichtsrevisionismus daher, oder verherrlicht traditionelle
Rollenbilder. Roland Koch, der den Modernisierungskurs von Angela
Merkel weitgehend mitgetragen hat, bricht das Konservative in seinem
Buch aus allzu starren Verankerungen. Es gehe nicht darum, den
Fortschritt zu bekämpfen, sondern Dinge beim Namen zu nennen.
Kompetente und unaufgeregte Offenheit wie Koch sie fordert, ist
derzeit vor allem in der Integrationsdebatte gefragt. Hier hat sich
Angela Merkel gleich zu Beginn der Sarrazin-Auseinandersetzung einen
Fehler geleistet, als sie Sarrazin öffentlich eine Rüge verpasste und
damit den Eindruck erweckte, sie wolle die Diskussion abwürgen. Dass
sie zudem zugab, das Buch gar nicht gelesen zu haben, gab ihrer
Verurteilung auch intellektuell einen unredlichen Anstrich. Um keine
Missverständnisse aufkommen zu lassen: Der Biologismus bei Thilo
Sarrazin ist unerträglich. Aber man muss sich schon fragen, warum so
viele Bürger nun unglücklicherweise Sarrazin für einen Märtyrer
halten und ihm nachlaufen. Vielleicht auch deshalb, weil manches zu
lange beschwichtigt und beschönigt wurde. Dass etwa die viel gerühmte
Islamkonferenz nicht von der Stelle kommt, weil sich die islamischen
Verbandsvertreter nicht zur Gleichheit von Frau und Mann bekennen
wollen, hat Merkel gestern erstmals öffentlich zugegeben. Integration
in Deutschland ist keineswegs gescheitert. Aber an manchen Stellen
hakt es gravierend. Vielleicht wurden Erwartungen und Werte nicht
klar genug übermittelt. Hier sind alle gefordert. Aber eventuell
könnten in dieser Frage gerade die aufgeklärten Konservativen
beweisen, dass sie doch nicht von gestern sind, sondern heute zum
Zusammenhalt der Gesellschaft noch etwas beitragen können.
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