Jedes Jahr wieder ereignet sich im Januar das
Weltwirtschaftsforum im Schweizer Bergort Davos. Immer wieder wird
von Kritikern die Frage gestellt, ob sich der ganze Aufwand überhaupt
lohnt. Warum machen sich die Mächtigen dieser Welt die Mühe, da hoch
in die Alpen zu fahren? Bis Zürich kommt man noch mit dem Flugzeug.
Aber dann wird es lästig, es folgen zwei, drei Stunden Fahrt über
kurvenreiche Straßen oder Schienen. Wahrscheinlich handelt es sich
bei Davos um die größte Zusammenballung von Regierungschefs,
Konzernvorständen und Spitzenmanagern weltweit. Nicht alle heißen
Macron, Merkel oder Trump und werden vom Airport mit dem Hubschrauber
ins verschneite Bergstädtchen gebracht. Für die Teilnehmer lohnt sich
die Reise dennoch. Bei den Vorträgen im großen Saal des
Kongresszentrums kann man vom chinesischen Staatspräsidenten Xi
Jinping hören, was er von der Demokratie hält, sich von Theresa May
den Brexit erklären lassen oder Donald Trump erstmals live erleben.
Die Regierungschefs selbst kommen zum WEF, weil dort die Zielgruppe,
an die sie ihre politischen Botschaften senden wollen, so zahlreich
vertreten ist. Umgekehrt haben selbst die meisten Supermanager nicht
jeden Tag Gelegenheit, die Chefpolitiker aus der Nähe zu erleben.
Wegen der Offensive der Nationalisten in Asien, Europa und
Nordamerika bekommt Davos 2018 eine zusätzliche Bedeutung. Wer zum
WEF fährt, verlässt seine Blase. Man muss sich dort mit Leuten, die
nicht der eigenen Meinung sind, auf Augenhöhe auseinandersetzen. So
formt sich für vier Tage eine Art demokratische Weltgesellschaft –
einer elitären zwar, aber immerhin. Das Interessante: Auch die
Leute, die genau das ablehnen, reisen hin. US-Präsident Donald Trump
findet Davos zum Kotzen, wie man hört. Das Modell der
Globalisierung, für das das Weltwirtschaftsforum steht, kritisiert
er. Trotzdem will er mit seinem halben Kabinett auflaufen. Andere
machen es genauso: Aus Warschau haben sich Minister angekündigt,
ebenso aus der Türkei. Wegen dieser Möglichkeit des globalen
Gesprächs muss Davos toll finden, wer sich nicht nur als Bürger
seines Landes, sondern auch Europas und der Welt definiert. Lange
ist es noch nicht her, da galt das Weltwirtschaftsforum vielen als
Gipfel einer brutalen Wirtschaftselite. Es stimmt: Die Interessen
der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung kommen in Davos viel zu kurz.
Im Vordergrund steht, was den transnationalen Unternehmen dient.
Aber der Weltkongress schlägt eben doch auch einen Funken Hoffnung,
dass nicht neue Mauern zwischen den Staaten errichtet werden.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
Original-Content von: Neue Westfälische (Bielefeld), übermittelt durch news aktuell