Neue Westfälische (Bielefeld): Westerwelles Abgang Zeit für Profil BERNHARD HÄNEL

Es war einsam geworden um Guido Westerwelle, so
einsam, dass selbst der mit wenig Selbstzweifel ausgestattete
FDP-Chef auf seiner Asienreise die Druckwellen aus den Orts– Kreis-
und Landesverbänden seiner Partei verspüren musste. Für den
Niedergang der Partei nach ihrem furiosen Erfolg bei der letzten
Bundestagswahl ist Westerwelle nicht allein verantwortlich. Doch er
trägt die Verantwortung, weil er stets betonte, dass nur er die
Richtung vorgebe. Die Richtung war klar, doch so eindimensional, dass
die Wähler sich mit Abscheu und Empörung von der FDP abgewendet
hatten. Unter Westerwelles Führung ist die FDP zu einer
Klientelpartei verkommen. Die Peinlichkeit der Hotelsteuer bleibt
unvergessen ebenso wie das Mantra von einem einfacheren, niedrigerem
und gerechteren Steuersystem. Westerwelles FDP wollte selbst dann
noch Steuererleichterungen, als die breite Masse der Steuerbürger
sich massiv dagegen aussprach. Selbst der populistische Versuch der
Ausgrenzung der Hartz-IV-Empfänger brachte der Partei keinen Nutzen.
Außenminister aber will Westerwelle bleiben, obwohl er auch in diesem
Amt kein Profil gewinnen konnte. Die wichtigsten Politikfelder hat
die Bundeskanzlerin an sich gezogen. Aufgaben, die seinem Amt
blieben, hat Westerwelle vergeigt. Die deutsche Enthaltung im
Weltsicherheitsrat war das größte Trauerspiel seiner Amtszeit.
Westerwelle geht, doch wer nach ihm kommt, ist offen. Viel
wesentlicher aber ist, was nach Westerwelle kommt. Um zu überleben,
braucht die FDP mehr an Orientierung denn ein wirtschaftsliberales
Konzept. Wenig bestellt ist das Feld der Bürgerrechte.
Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger kämpft zwar auf diesem
Feld tapfer aber weitgehend allein gegen die Law-and Order- Politiker
der Union. Raum für mehr Profil wäre also vorhanden.

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