Neues Deutschland: Deutsches „Engagement“ in Jemen: Lernfaul

Die Bundesregierung weist den Verdacht weit von
sich, ihr Bemühen um Einfluss in Jemen folge wirtschaftlichen
Interessen. Vielmehr gehe es darum, internationale Kriminalität
bereits weit vor den deutschen Grenzen zu bekämpfen. Weniger
eigennützig als die Gier nach Umsätzen oder Öl ist dies allerdings
auch nicht. Und in Wirklichkeit trifft wohl von allem etwas zu: Die
Reichtümer der Golfstaaten, deren Menschenrechtsverletzungen keine
Panzerlieferung aus Deutschland verhindern, und der anmaßende Wunsch,
die Entwicklungen in der Region zu beeinflussen, gehören zusammen.

Dauernd allerdings muss die Bundesregierung Rückschläge hinnehmen.
Vor Ort kann sie auf keinen Bündnispartner bauen. Und zu Hause folgt
der Ärger mit der Opposition. Doch jede Störung ist höchst verdient.
Denn es ist Vorsorge der oberflächlichsten Art, wenn nur das
Überschwappen der Konfliktfolgen nach Deutschland verhindert werden
soll. Und fahrlässig, in Flüchtlingsströmen oder der Piraterie vor
der somalischen Küste nur die Verletzung eigener Interessen zu
erkennen. Bürgerkrieg und Entstaatlichung in dem Gebiet, in dem
Ölreichtum und bitterste Armut Tür an Tür wohnen, rächen sich auch
für den Westen regelmäßig. Doch bisher lernt er nichts. Man kann der
Bundesregierung kaum vorwerfen, ihr Herangehen an die Dinge in Jemen
sei in sich nicht konsistent und folgerichtig. Dass sie dabei
zumindest zusieht, wenn über Leichen gegangen wird, gehört dazu.

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