Sie starben beim Holzsammeln: Neun Kinder zwischen
sieben und neun Jahren, die sich im Osten Afghanistans auf einem Berg
aufhielten, der von NATO-Kommandeuren zum Ziel eines Luftangriffs
bestimmt worden war. Ein tragisches Zusammentreffen, für dessen
Benennung mittlerweile selbst Betonkrieger den Begriff des
Kollateralschadens vermeiden. »Incident«, »Vorfall« sind die nunmehr
gängigen Verschleierungsworte.
Erst in der vergangenen Woche hatte eine afghanische
Untersuchungskommission der NATO vorgeworfen, Mitte Februar bei
Einsätzen in dieser Region 65 Zivilisten getötet zu haben, darunter
40 Kinder. Und von den mehr als 2400 im vorigen Jahr ums Leben
gebrachten Zivilisten gehen Hunderte auf das Konto der von der NATO
geführten »Schutztruppe«.
Immerhin: Bedauern über ihre Tat liegt den Tätern offenbar nicht
fern. Man übernehme »die volle Verantwortung für diese Tragödie«,
verlautbarte die westliche Kriegspartei anlässlich des jüngsten
»Vorfalls«. Reue? Eher wohl ein Ritual. Wie die regelmäßige
Ankündigung, die »Vorfälle« würden untersucht. Wie die von Präsident
Karsai beklagte »tägliche Tötung« von Zivilisten durch die NATO?
Peter Handke schrieb einmal: »Die Macht erst, indem sie es sich
erlauben kann, aus der Gewalt ein Ritual zu machen, lässt diese als
das Vernünftige erscheinen.« Der österreichische Schriftsteller
begründete damit seinen »Ekel vor der Macht«. Ein Ekel, den auch die
neun toten Kinder rechtfertigen.
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