neues deutschland: Medikamententests in der DDR

Gegen die Verurteilung von DDR-Medizinern wegen
ihrer Beteiligung an Arzneimittelprüfungen westlicher Firmen in
Ostkrankenhäusern wendet sich der Prof. Stephan Tanneberger, einer
der führenden Krebsspezialisten der DDR. Die Studien seien ein
„notwendiger Bestandteil jeder Arzneimittelentwicklung“, sagte
Tanneberger der Zeitung „neues deutschland“ (Donnerstagausgabe). Sie
erfolgten nach gesetzlichen Standards, die Probanden wurden über die
Risiken informiert und ihre Zustimmung eingeholt. Stephan Tanneberger
leitete in der DDR das Zentralinstitut für Krebsforschung, an dem
gemeinsam mit einer japanischen Pharmafirma ein onkologisches
Medikament erforscht wurde. Die Ergebnisse wurden damals am
Krebsforschungszentrum Heidelberg vorgestellt und in einem
international beachteten Buch zusammengefasst. Auch in einer
Untersuchung des Lehrstuhls für Geschichte an der Universität
Greifswald habe man sich vor einigen Jahren mit dem Thema beschäftigt
und alle Fakten über solche Arzneimittelprüfungen in der DDR
dokumentiert, so Tanneberger. Der Experte bezeichnete die Hysterie
und die Ignoranz, mit der man dieses Thema heute in der
Öffentlichkeit behandele, als erschreckend. Er schließt nicht aus,
dass damit die guten Erfolge der Krebsmedizin in der DDR vergessen
gemacht werden sollen. In der DDR seien – gemessen an der
Gesamtbevölkerung – zehn Prozent weniger Menschen an Krebs gestorben
als in der Bundesrepublik, so Tanneberger. Tanneberger lehrt heute an
der Universität Bologna, beschäftigt sich mit der Behandlung
krebskranker Menschen in Entwicklungsländern, gründete ein
Friedenszentrum in Anklam (Mecklenburg-Vorpommern) und ist als
Buchautor tätig.

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