Venezuelas Demokratie lebt: An die Wahlbeteiligung
von 74,25 Prozent bei Parlamentswahlen reichen nur wenige der sich
als Leuchttürme der Demokratie verstehenden westlichen Länder heran.
In Venezuela standen schließlich zwei grundverschiedene
Politikansätze zur Wahl: die chavistische Position, die Bedürfnisse
der Unterprivilegierten in den Mittelpunkt zu stellen, versus die
Position der Opposition, die alles einer florierenden Wirtschaft
unterzuordnen gewillt ist. Dass die Demokratie in Venezuela lebt,
zeigt auch die Reaktion des Präsidenten Nicolás Maduro: »Unser Sieg
ist der Frieden, ist die Demokratie … Dazu gehören auch Niederlagen
wie heute.« Die Wahlen sind aber auch ein deutliches Signal. Erstmals
seit Regierungsübernahme 1999 haben die regierenden Sozialisten ihre
Mehrheit im Parlament verloren. Venezuelas »Öl-Sozialismus« hat
massiv an Zuspruch eingebüßt, vor allem bei den »Ninis« – die hängen
weder Regierung noch Opposition grundsätzlich an. Sie sind der Krise
des Konsumismus leid, der die Regierung wegen des Ölpreisverfalls
keinen Einhalt zu gebieten vermochte. Maduro steht künftig vor einer
schwierigen Aufgabe: Um Venezuela wieder auf ein tragfähiges
Fundament zu stellen, muss er einen Strukturwandel einleiten und mit
der Beschneidung der Pfründen der einheimischen Bourgeoisie anfangen.
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