Die Bundestagsabstimmung über die neuerlichen
Neuerungen beim Euro-Rettungsschirm war kaum mehr als ein
pseudodemokratisches Deckmäntelchen. Und zwar nicht deshalb, weil so
mancher Abgeordneter nicht mehr versteht, worüber er abstimmt – da
sieht es in anderen Politikbereichen kaum besser aus. Das Kernproblem
liegt woanders: Entscheidungen werden seit Beginn der Krise zunehmend
von Finanzministern und Regierungschefs getroffen, meist binnen
weniger Stunden auf Krisentreffen. Wie sie zustande kommen, ist
völlig intransparent: Haben die kleinen Länder überhaupt noch was zu
sagen? Drängt das deutsch-französische Duo die Partner an den Rand?
Zieht Merkel längst auch Sarkozy über den Tisch? Hinterher müssen die
nationalen Parlamente ruck-zuck die Beschlüsse absegnen, auch um die
eigene Regierung nicht zu blamieren.
Es ist paradox: Die allmähliche Europäisierung bei der
Schuldenhaftung und in der Finanzpolitik geht mit einer
Renationalisierung einher – wobei einige Regierungen, allen voran
Deutschland, den Ton vorgeben. Das einzige demokratische Korrektiv im
jetzigen Rettungsschlamassel könnte neben den protestierenden Bürgern
in den Bankenmeilen vielleicht noch das – ins Krisenmanagement bisher
kaum einbezogene – Europaparlament sein. Denn jenseits
finanztechnischer Fragen von Hebeln und Zweckgesellschaften geht es
um weit mehr: um Weichenstellungen für den Euroraum insgesamt, der zu
einer Art Zwangsspargemeinschaft umgekrempelt wird. Wer sitzt hier am
Hebel?
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