Kapital ist ein scheues Reh, lautet ein bekannter
Spruch aus alten Zeiten, als rauchende Schlote noch für Fortschritt
standen. In der Ära des Finanzkapitalismus geht es indes nicht um
Einzelverhalten – hier herrscht der Herdentrieb: Erst üben sich die
Anleger im Erklimmen immer lichterer Höhen, dann blicken sie in den
Abgrund – und allen wird schwindlig, weshalb das Motto plötzlich
lautet: Nichts wie runter!
Genau hier stehen wir mal wieder. Selbst krude
Weltuntergangsszenarien stoßen plötzlich auf Gehör, während zuvor die
berechtigten Warnrufe insbesondere linker Ökonomen ignoriert wurden.
Das Kernproblem: Die Politik hat zwar die globale Finanzkrise mit
hektischen Notmaßnahmen bewältigt und die Weltwirtschaft
konjunkturell stabilisiert, doch die tieferen Ursachen wurden nicht
behoben. Es ist in globalem Maßstab weiter zu viel Kapital unterwegs,
das nach Rendite sucht, während Staaten unter schwachen
Steuereinnahmen leiden und die Armut wieder zunimmt. Da die
Regulierung der Finanzmärkte kaum vorangekommen ist, bildeten sich
wieder gewaltige Börsenblasen, die irgendwann platzen.
Diese monetären Ungleichgewichte sorgen in immer kürzeren
Abständen für hektisches Auf und Ab – ob bei Aktien, Rohstoffen oder
Staatsanleihen. Die Politik müsste nun lernen, darauf nicht mit
genauso kurzsichtigen Aktionen zu antworten, sondern zum Kern des
Problems vorzustoßen. Sonst gibt die Schafherde Börse weiter die
Richtung vor.
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