Neues Deutschland: Sinkende Mitgliedszahlen der Parteien: Auslaufmodell

Sind die großen Parteien ein Auslaufmodell?
Irgendwie passen diese streng hierarchisch organisierten Dinosaurier
nicht mehr in eine Zeit, in der sich selbst Konzerne möglichst flache
Hierarchien verordnen. Vor allem, weil die modernen
Kommunikationstechnologien eine Beteiligung der Basis so einfach
machen, scheint es vielen unverständlich, warum man bei den großen
Parteien so selten davon Gebrauch macht. Und wenn eine Parteiführung
den Mitgliedern das Gefühl vermittelt, dass die wichtigen Fragen über
ihre Köpfe hinweg entschieden werden, dann darf sie sich nicht
wundern, wenn eben jene Mitglieder der Partei den Rücken kehren. Der
Erfolg der Piraten verdankt sich auch ihrer Forderung nach mehr
Transparenz im politischen Betrieb. Kungeleien im Hinterzimmer, bei
denen Führungsfragen ausgedealt werden, mag vielleicht den darin
Involvierten ein Gefühl von Macht und Wichtigkeit verleihen, bei der
Basis hingegen stößt das klandestine Geschacher auf Unverständnis.
Doch auch in inhaltlichen Fragen sind Parteispitze und -volk selten
auf einer Wellenlänge. Das von den Piraten propagierte Modell einer
»flüssigen Demokratie«, das wie kein zweites Konzept das
Stimmungsbild in der Basis wiedergibt, wäre der Nachahmung wert. Doch
da die Macht der Parteispitzen auf Verhandlungsmacht beruht, ist es
unwahrscheinlich, dass sich solch partizipative Konzepte bei der
politischen Konkurrenz durchsetzen. Und so müssen die Parteien
aufpassen, nicht als Auslaufmodell auf dem Müll der Geschichte zu
landen.

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