Neues Deutschland: Washingtons Albträume

Jetzt, da Mubarak gestürzt ist, hat er offenbar im
Westen niemals Freunde gehabt. Euphorisch feiert die abendländische
Welt »einen Sieg der Demokratie« in Ägypten, den sie nachweisbar
nicht wollte und den sie erst zu feiern begann, als er nicht mehr
aufzuhalten war. Nun werden die Revolutionäre umarmt, ja umklammert,
geködert mit dem dezenten Hinweis, dass anstelle der Entmachteten nun
sie die Empfänger von Geld und guten Worten aus dem Westen seien.
Nicht zuletzt von Rüstungsgeschenken. Damit war man immer dort gut
gefahren, wo Uniformierte den Machthebeln sehr nahe standen, und das
ist weiterhin überall so in der arabischen Welt…

Aber im Moment ist das noch offen. Vielleicht gab es im Westen
sogar nie größere Angst vor der Entwicklung in der Region seit dem
Nahostkrieg von 1973 und der folgenden Ölkrise. Der Gedanke an eine
Wiederholung des damaligen Versuchs der Araber, ihr Öl als Waffe für
politische Ziele einzusetzen, dürfte in der US-Regierung Albträume
ausgelöst haben, so wütend reagiert sie, weil sie trotz einer
Handvoll Geheimdienste mit Milliarden-Etats in Tunis wie in Kairo
immer nur Getriebene der Ereignisse war.

Und während sie also mit süßsaurem Gesicht Revolutionen begrüßt,
weil sie sie nicht verhindern konnte, wackeln bereits die nächsten
Potentaten: in Algerien, Jemen, Jordanien – alles exzellente
amerikanische Freunde.

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