Gustl Mollath hat erst Pech gehabt und dann viel
Glück: Wäre er in seinem Rosenkrieg nicht bajuwarischen
Schwarzgeld-Amigos in die Quere gekommen, wäre er kaum in der
Psychiatrie gelandet. Und wäre er dann nicht in den Wahlkampf
geraten, säße er wohl noch immer. Karlsruhe hat in dem Skandal nun
ein wichtiges Urteil gesprochen: Wenn Gerichte schon aufgrund
»prognostizierter« Taten Freiheitsentzug anordnen, müssen sie genau
hinsehen – gerade weil es bei der »Maßregel« nicht um Strafe, sondern
Heilung geht. Zwischen dem, was einer getan hat und seiner
gutachterlich begründeten »Gefährlichkeit« muss ein gesundes
Verhältnis bestehen. Dass aber dies ausgerechnet beim vorbeugenden
Einsperren nicht gegeben ist, sagen selbst renommierte Psychiater.
Insofern gibt Karlsruhe der Politik eine Vorlage: Erstens bedarf das
Gutachterwesen einer Reform. Zu oft hängen Experten, deren
Fachmeinungen jahrelange Internierung zur Folge haben können, von
Gerichtsaufträgen ab. Zweitens muss das Gesetz geändert werden: Wer
etwa selbst nach Gutachtermeinung künftig nur wirtschaftliche Schäden
anrichten wird, darf nicht länger nach dem Maßregelparagraf 63
»untergebracht« werden. Drittens ist eine neue Rechtskultur gefragt:
Bei Überprüfungen sollten nicht die Psychiatrisierten ihre
Harmlosigkeit beweisen müssen, sondern umgekehrt das Gericht deren
Gefährdungspotenzial. Im Zweifel aber muss es heißen: Rauslassen, und
zwar schnell – frei nach Gerhard Schröder und »Bild«.
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