Außenminister Gabriel versteht sich perfekt auf
diplomatische Rabulistik. Wie sonst ist zu erklären, dass seine
Aussagen häufig die konträre Botschaft von dem enthalten, was er
wörtlich gesagt hat. Gabriel beteuert, er habe keinesfalls die
Wiederaufnahme von Rüstungsexporten in die Türkei von einer Lösung
des Falls Yücel abhängig gemacht. Die zufriedene Miene des neben ihm
stehenden Amtskollegen Cavosoglu ließ verschiedene Interpretationen
offen. In diesem Falle hatte sogar Gabriel selbst zuvor in einem
Interview diesen Schluss nahegelegt. Die Bundesregierung, so der
Außenamtschef, habe zuletzt eine große Zahl von Rüstungsexporten
nicht genehmigt. »Dabei wird es auch bleiben, solange der Fall Yücel
nicht gelöst ist.« Ankara dürfte nun wissen, woran es ist. Nach dem
Goslar-Treffen dürfte der Türkei klar sein, dass sich die faktische
Geiselnahme türkischstämmiger Bürger mit deutschem Pass für Präsident
Erdogan als erfolgreicher Coup erweist. Justiziables hin oder her.
Berlin ist umgefallen. Sollte das Auswärtige Amt alles unternehmen,
um seiner Meinung nach willkürlich eingekerkerte Staatsbürger
freizubekommen? Auf jeden Fall. Aber dass gleich alle heiligen
Schwüre der Rüstungsexport-Kontrolle, nicht zuletzt von Gabriel
selbst, so mal eben zu entbehrlichem Geschwätz erklärt und über Bord
gekippt werden – da darf sich Ankara als klarer Punktsieger im
Geiselpoker fühlen.
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